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Sport: Wolfsburg verliert Dzeko

Manchester City soll 31 Millionen Euro zahlen

Von Christian Otto

Das Heft des Handelns war ihnen entglitten. Manager Dieter Hoeneß, von einer Grippe geschwächt, musste die nötigen Dinge aus der Ferne und vom Handy aus delegieren. Gerd Voss, als Pressesprecher des VfL Wolfsburg der Mann für die Dementis, hielt im Trainingslager in Marbella tapfer die Stellung und mochte nichts bestätigen. Aber im Tauziehen um einen der derzeit begehrtesten Stürmer Europas hatten gestern andere das Sagen. „Wir sind uns einig“, verriet Robert Mancini, der Trainer von Manchester City. Dass Dzeko für 31 Millionen Euro in die Premiere League wechseln wird, gilt als beschlossene Sache. Dass die Verantwortlichen des VfL den Wechsel noch nicht bestätigten mochten, dürfte an Formalitäten oder einer Form von besonderem Stolz gelegen haben.

Die letzten Ballberührungen von Dzeko, der angeblich wegen eines leichten Defektes nur bedingt am Training in der spanischen Sonne teilgenommen hatte, standen noch einmal Modell für die Ohnmacht seines Arbeitgebers. Sie waren lustlos und fast provokant. Seit mehr als zwei Jahren kämpfen die Wolfsburger darum, dass ihnen ein außergewöhnlicher Torjäger nicht verloren geht. Aber die jüngsten Äußerungen von VfL-Trainer Steve McClaren („Ein Spieler wie Edin Dzeko passt perfekt in die Premier League“) kamen einer Kapitulation gleich. Weil Manchester City sich bemüht, in dieser Saison Meister zu werden oder zumindest die Champions League zu erreichen, spielt in dem von einem Scheich finanzierten Klub Geld nur eine untergeordnete Rolle.

65 Tore in dreieinhalb Bundesliga- Spielzeiten sind eine außergewöhnliche Referenz. Doch die Frage, ob die Wolfsburger ihren Kapitän Dzeko überhaupt verkaufen mussten, wird den Verein noch eine Weile beschäftigen. Die Mannschaft steckt in einer schweren Krise. Mit den Einnahmen aus dem Dzeko-Transfer und dem Abschied eines lange Zeit unzufriedenen Stammspielers eröffnen sich neue Möglichkeiten – auf dem Transfermarkt und im Innenleben eines verunsicherten Teams. Das tägliche Wechseltheater um einen Mann, der 2007 für vier Millionen Euro vom tschechischen Klub FK Teplice geholt worden war, hatte die Freude über seine Tore immer mehr überlagert. „Einen Stürmer wie diesen will ganz Europa haben“, sagte City-Coach Mancini gestern.

Der Wechsel des Bosniers von Niedersachsen nach Manchester kommt einem Lehrstück über das Haltbarkeitsdatum von Arbeitsverträgen im modernen Profifußball gleich. Obwohl die Wolfsburger Dzeko bis 2013 an sich gebunden und schon einmal mit deutlich mehr Gehalt ausgestattet hatten, war selbst eine schriftlich fixierte Ablösesumme von 40 Millionen Euro kein Hemmschuh für seinen vorzeitigen Abschied. Dzekos Unzufriedenheit und die Aussicht auf einen schwindenden Marktwert haben seinen Preis gedrückt und die Entscheider des VfL zu der Erkenntnis gebracht, dass man Reisende, die gut Fußball spielen können und weg wollen, nicht aufhalten kann. Das Argument von Hoeneß, dass Dzeko auf seinem Weg zu Weltruhm noch ein paar Jahre Wolfsburg gut tun würden, hatte angesichts der Talfahrt seines Vereins an Überzeugungskraft verloren.

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