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Sport: Zauber und Zweifel

Argentinien begeistert am Ball und schludert im Spiel

Als José Pekerman das Nürnberger Frankenstadion verließ, gönnte er sich eine kleine Nachlässigkeit. Mit wehendem Jackett eilte der Trainer der argentinischen Nationalmannschaft zum Bus seines Teams, an dessen Scheiben seine Profis schon vor Freude trommelten. Ein Verantwortlicher des FußballWeltverbandes Fifa, den Pekerman bei der Verabschiedung vergessen hatte, musste dem elegant gekleideten Sieger des Abends hinterherrennen, um ihm die Hand zu schütteln. Pekerman drehte sich um und lächelte entschuldigend.

Der Abgang des Trainers stand ein wenig sinnbildlich für den vorherigen Auftritt seines Teams. Schnell und schön hatten die Argentinier wieder gespielt – und doch ein wenig schludrig. 4:2 schlugen sie eine rustikal rumpelnde australische Elf und führten dabei 25 618 Zuschauern phasenweise die hohe Kunst der Ballbehandlung vor. Dennoch hinterließ die Mannschaft, die in Südamerika die WM-Qualifikation dominiert, mehrmals Spuren des Zweifels an der eigenen Stärke. „Über die gesamte Spielzeit gesehen, waren wir nicht aufmerksam genug“, resümierte Pekerman. Nach einer durch rasantes Kurzpassspiel errungenen 3:0-Führung vertändelte Argentinien mit Nachlässigkeiten die mögliche Tabellenführung in der Gruppe A des Confed-Cups. Beim Vorrunden-Finale morgen an gleicher Stelle gegen Deutschland muss die Mannschaft nun gewinnen, um noch die Spitze der Tabelle zu erobern.

Es hätte ein rundum zauberhafter Abend werden können. Allein der im spanischen Villareal spielende Stürmer Luciano Figueroa steuerte drei sehenswerte Tore bei, zwei davon nach Ideen seines im Mittelfeld erneut innovativen Vereinskollegen Juan Riquelme. „Ich arbeite eben hart“, sagte Figueroa zur Erklärung seiner mit Eleganz geschmückten Durchsetzungskraft. „Mit diesem Siegeswillen werden wir auch Deutschland schlagen“, kündigte der 24-Jährige prompt an. Ob der sich Schritt für Schritt in die Stammelf dribbelnde Strafraumsprinter auch die deutsche Abwehr vor Probleme stellen darf, hat Coach Pekerman allerdings noch nicht entschieden: „Wir haben viele gute Spieler, da soll jeder eine Chance haben.“ Ein wenig klang das nach den Luxusproblemen des brasilianischen Kollegen Carlos Alberto Parreira, der ebenfalls eine reiche Auswahl hochklassiger Offensivspieler betreut.

Manch ein argentinischer Fußballheld darf sich noch schonen vor den wichtigen Spielen des von der argentinischen Öffentlichkeit nicht allzu wichtig genommenen Wettbewerbs. Carlos Tevez, zweimal in Folge Südamerikas Fußballer des Jahres, hat bislang nur eine knappe halbe Stunde auf dem Rasen verbracht. Außerdem im Zentrum zur Verfügung stehen Javier Saviola, umtriebiger Torschütze gegen Tunesien, der fleißige Maxi Rodriguez, der ideenreiche Luciano Galletti und natürlich Riquelme, der nach nahezu jedem Zweikampf als Gewinner auf und davonläuft. Der Vorbereiter durfte sich gegen Australien ein weiteres Mal als Torschütze in die Turnierstatistik eintragen, jedoch mit der glücklichen Verwandlung eines zweifelhaften Elfmeters.

Dass es dennoch kein rundum zauberhafter Abend für Argentinien wurde, könnte der Mannschaft von Jürgen Klinsmann Mut für das Spitzenduell am Dienstag machen. Denn wie schon im ersten Gruppenspiel gaben die Argentinier einen klaren Vorsprung leichtfertig aus der Hand. Als es nach zwei Toren des schon gegen die Deutschen doppelt erfolgreichen John Aloisi plötzlich nur noch 3:2 für den Favoriten stand und das Nürnberger Publikum sich lautstark auf die Seite des Außenseiters schlug, unterliefen den Argentiniern plötzlich Ungenauigkeiten schon bei der Ballannahme und Fehlpässe schon in der eigenen Spielhälfte. „So viele Fehler dürfen wir uns gegen Deutschland nicht leisten“, mahnte Pekerman, bevor er im Vollmondschein das Stadion verließ. Schön, schnell – und ein wenig nachlässig.

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