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Sport: Zeit und Geld werden knapp

Ausrichter Turin hat Probleme vor den Olympischen Winterspielen im kommenden Jahr

Die Stadien sind halb leer. Es ist kein Benzin für Busse vorhanden und in den Bädern des olympischen Dorfes gucken die Athleten entgeistert, weil die Armaturen fehlen? Ein Horrorszenario, aber auch ein Szenario, vor dem sie sich in Turin und in den Orten mit den anderen Olympia-Stätten hinsichtlich der Winterspiele 2006 fürchten. Denn das Geld ist knapp. Silvio Berlusconis Mitte-Rechts-Regierung hat bereits bewilligte 16 Millionen Euro für Turin wieder gestrichen. Schließlich hatte die Regierung ja zuvor großzügig 130 Millionen Euro bewilligt.

Es war ein kleiner Strich mit großer Wirkung. Beim Organisationskomitee in Turin war die Empörung groß. Denn das Geld war längst verplant. „Es ist zum Verrücktwerden“, sagte Mercedes Bresso, Präsidentin der Region Piemont und bezichtigte die Zentralregierung des Vertragsbruches. Mit den 16 Millionen Euro ist es aber nicht getan. Das Organisationskomitee benötigt nach vorsichtigen Schätzungen weitere 100 Millionen Euro, um andere Löcher zu stopfen.

Schon im November 2004 tat sich eine Finanzierungslücke von rund 223 Millionen Euro auf. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) schlug Alarm. Ministerpräsident Berlusconi stellte die Mittel auf öffentlichem Druck hin in Aussicht, diktierte aber eine klare Bedingung: Sportstaatssekretär und IOC-Mitglied Mario Pescante sollte eine Art „Regierungskommissar“ für Turin 2006 werden, was dann widerwillig vom örtlichen Organisationskomitee akzeptiert wurde. Der bisherige Präsident des Organisationskomitees, Valentino Castellani, musste Pescante weichen. In einer offiziellen Vereinbarung verpflichteten sich dann die italienische Zentralregierung, die Region Piemont, die Provinzverwaltung und die Stadt Turin sowie das italienische Nationale Olympische Komitee, gemeinsam das fehlende Geld aufzubringen.

Auch das Interesse der Sponsoren an den Spielen blieb hinter den Erwartungen zurück. Finanzierungsprobleme tun sich nun auch auf, was die Sicherheit der Athleten und der Zuschauer betrifft. Für diesen Ausgabenposten hatte die Regierung 20 Millionen Euro bewilligt. Überwiesen wurde bislang nur die Hälfte. Entsprechend erbost gab sich Regionspräsidentin Bresso: „Wir alle wissen, dass es die Gefahr von Terroranschlägen gibt, die nicht zu unterschätzen ist.“

Der Kartenverkauf verlief bislang eher mäßig. Insgesamt wurden rund 500 000 Karten verkauft. 300 000 sind noch zu haben. Um die abzusetzen, wäre eben eine zusätzliche Werbekampagne nötig. Aber dafür fehlt eben durch die Kürzungen der Regierung das Geld. Dabei war die Euphorie in Italien doch so groß, als Turin den Zuschlag für die Spiele bekam.

Der inzwischen verstorbene Fiat-Präsident Gianni Agnelli nutzte 1999 seinen Einfluss, um die Winterspiele nach Turin zu holen. Sie sollten das Signal für den Aufbruch einer Stadt sein, die wegen der Probleme des Automobilherstellers Fiat eine Strukturkrise durchmacht. Längst ist jedoch der Optimismus verpufft. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass sich die Italiener über die parteipolitischen Grenzen hinaus zusammenraufen und die fehlenden Mittel auftreiben. Bis zum Beginn der Spiele bleiben dafür noch gut 100 Tage Zeit.

Vincenzo delle Donne[Turin]

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