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Sport: Zeugwart Effenberg

Von Daniel Pontzen München. Für einen Moment wurden bitterböse Blicke durch den Presseraum geworfen.

Von Daniel Pontzen

München. Für einen Moment wurden bitterböse Blicke durch den Presseraum geworfen. Jemand hatte vergessen, sein Handy auszuschalten und als eine dieser grässlichen Synthetik-Melodien durch den Raum leierte, war der Bayern-Trainer empfindlich in seiner Rede gestört. Bald jedoch erhellten sich die Mienen zu einem nachsichtigen Lächeln. Ottmar Hitzfeld selbst hatte sein Mobiltelefon an. „Das ist sicher Michael Meier“, sagte der Trainer in demonstrativer Lockerheit. „Wäre nicht schlecht, wenn man live dabei wäre.“ Gemeint: Bei der Meisterfeier, auf dem Marienplatz. Mit Dortmunds Manager?

Stefan Effenberg hätte der Spaß wohl nur mäßig amüsiert. Denn er ist auch nicht live dabei beim finalen Versuch der Bayern, die Saison mit dem vierten Meistertitel in Folge zu Ende zu bringen. „Stefan hat eine akute Sehnenentzündung am rechten Knöchel“, wurde Mannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt zitiert. Kurzfristigste Konsequenz: Der scheidende Kapitän erhält nun doch kein Abschiedsspiel gegen Rostock.

„Ich bin sehr enttäuscht“, sagt Hitzfeld. Einigen machte es Mühe, das zu glauben, so unterschiedlich, wie die Aussagen zu einem möglichen Abschiedsspiel Effenbergs zuletzt waren. Zunächst war eine Geste der Gnade nach der Suspendierung des umstrittenen Stars nicht mehr vorgesehen. „Stefan ist so ein stolzer Spieler, der braucht kein Abschiedsspiel gegen Rostock“, hatte Hitzfeld letzte Woche wissen lassen. Dann siegte die Mannschaft in Wolfsburg - wie schon eine Woche zuvor gegen Hertha ohne Effenberg - und die Verwunderung war groß, als Hitzfeld, am Montag die Rehabilitation Effenbergs ankündigte. Nun hat er sich verletzt, im Training. Keine taktische Verletzung? „Nein, sicherlich nicht. Darum haben wir auch klar herausgestrichen, dass MüllerWohlfahrt die Diagnose gemacht hat“, sagt Hitzfeld. Ärzte irren nicht.

Jens Jeremies ist das Fehlen Stefan Effenbergs ohnehin „relativ egal". Wichtig sei, „dass wir ein schnelles Tor erzielen“. Große Zweifel hegt Jeremies nicht. Bayern werde Meister, „weil wir am wenigsten Druck haben“. Auch Hitzfeld hat Gefallen gefunden an der Rolle des Verfolgers: „Die Situation macht Spaß. Plötzlich haben wir noch mal die Chance, Meister zu werden. Vielleicht wird am Ende der Jäger vorne stehen.“ Dass Sätze wie dieser in der deutschen Fußballöffentlichkeit wie eine Drohung wahrgenommen werden, weiß Hitzfeld: „Der FC Bayern polarisiert. 50 Prozent der Fans wünschen sich, dass es der FC Bayern nicht schafft.“ Oliver Kahn kündigte für den gegenteiligen Fall bereits eine öffentliche Entschuldigung an.

Rein vorsorglich wurden Planungen zur Meisterfeier in die Wege geleitet. Oberbürgermeister Christian Ude hat für 18 Uhr den Rathaus-Balkon reserviert, für den Abend hat man sich im In-Lokal Käfer’s angekündigt. Dann wird vermutlich auch Stefan Effenberg wieder dabei sein. Für das Spiel wird er kurzfristig umfunktioniert, damit er auf die Trainerbank darf. Der DFB duldet dort nur Offizielle und Reservisten. Fraglich bloß, ob Effenberg nun als Schriftführer oder Zeugwart die Schale in Empfang nehmen wird.

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