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Sport: Zu gut für einen Klopper

Von Lorenz Maroldt Es gab bisher zwei Bilder von Jürgen Kohler, die sich eingefräst haben ins Fußballgedächtnis. Das eine ist das vom Kämpfer Kohler, manche sagen auch: vom Klopper.

Von Lorenz Maroldt

Es gab bisher zwei Bilder von Jürgen Kohler, die sich eingefräst haben ins Fußballgedächtnis. Das eine ist das vom Kämpfer Kohler, manche sagen auch: vom Klopper. Das andere entstand 1988, beim Halbfinale der Europameisterschaft. Es zeigt den Verlierer Kohler, ausgetrickst von Marco van Basten, der Holland ins Endspiel schießt. Am vergangenen Samstag kam endlich ein drittes Bild dazu. Es zeigt den weinenden Kohler. Er ist noch einmal Deutscher Meister geworden, nimmt Abschied von seinen Fans, die sich erheben und ihn Fußball-Gott rufen, er hört aus den Stadionlautsprechern zu seinen Ehren das Lied „Niemals geht man so ganz", alle sind ganz ergriffen, der Präsident drückt ihm Sonnenblumen ans Herz, und das ist dann einfach zu viel. Jürgen Kohler, eisenhart und unerbittlich, heult Rotz und Wasser wie seit seiner Kindheit nicht mehr.

Angefangen hat Kohler, der aus „bescheidenen Verhältnissen" kommt, als Junge beim TB Jahn Lambsheim. Es folgt, weil der Ruf nicht kommt, eine Bewerbung – „Ich war schon immer recht selbstbewusst“ - bei Waldhof Mannheim. Profi will er werden, das weiß er mit 16 Jahren. Köln und München, Turin und Dortmund - so geht es weiter, immer wieder ist er beim Wechsel der teuerste deutsche Spieler. In Köln macht ihn Christoph Daum mit 22 Jahren zum Mannschaftskapitän, in Italien, wo sie ihn zum Fußballer des Jahres wählen, schwärmen sie noch heute von ihm. Er wurde Weltmeister, Europameister, Deutscher Meister, Italienischer Meister und Pokalsieger, Uefa-Cup-Sieger, Champions-League-Sieger. Ganz schön viel für einen Klopper.

„Wenn ich nur ein Klopper wäre, hätten mich die Italiener wohl nicht gekauft", sagt Kohler. Er sieht sich als Kämpfer: „Mann gegen Mann, das hat mir immer Spaß gemacht“. Wird er gefragt, was ihn ausmacht und was für ihn zählt, nennt er alle bekannten Sekundärtugenden, mit denen man einen Hinterhof anständig sauber halten kann, aber eben auch einen Strafraum. Er selbst nennt das: deutsche Tugenden.

Jetzt wird Kohler Trainer für Deutschland, zuständig für die U 21. Die Kontoauszüge seiner Spieler wird er nicht kontrollieren, wie sein früherer Trainer Klaus Schlappner es tat. Schlappner hat ihn geprägt. Daum auch. „Ich mag ihn immer noch sehr“, sagt Kohler, der Kokain-Geschichte zum Trotz. Er ist eben auch treu, der Kohler, den seine Mitspieler seit Jahren schon „Kokser“ rufen, aber bitte: Damit hat er nichts zu tun! Heute darf Kohler, wenn alles glatt geht, ein letztes Mal auf die ganz große Bühne. Noch einmal den Uefa-Cup: Das wäre doch was!

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