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Sport: Züge des Verfalls

Nach der vierten Niederlage in Folge entlässt Borussia Mönchengladbach Ewald Lienen – neuer Trainer wird Holger Fach

Mönchengladbach (Tsp). Holger Fach hat schon am Freitagabend an das nächste Spiel gedacht. „Jetzt freuen wir uns auf den WSV“, hat er da gesagt. Doch am Ende dieser Woche muss der Trainer gar nicht wie geplant mit dem Regionalligisten RotWeiß Essen in Wuppertal antreten; am Samstag spielt er mit Borussia Mönchengladbach gegen den VfL Bochum. Der Fußball-Bundesligist hat den 41-Jährigen gestern als neuen Cheftrainer engagiert. Fach löst Ewald Lienen ab, der erst am 2. März als Nachfolger von Hans Meyer am Bökelberg angefangen hatte.

Holger Fach hat in den vergangenen drei Wochen einen bemerkenswerten Weg hinter sich. Vor einem Monat trainierte er noch die Oberliga-Amateure der Gladbacher, dann wechselte er eine Klasse höher zu Rot- Weiß Essen, das damals mit fünf Punkten aus fünf Spielen im Mittelfeld der Regionalliga dümpelte, unter dem neuen Trainer aber dreimal in Folge gewann. Jetzt kehrt Fach, der noch nie zuvor einen Erstligisten trainiert hat, zur Borussia zurück. In seinen Vertrag hatte er sich eine Freigabe-Option ausschließlich für einen Wechsel nach Mönchengladbach einräumen lassen. „Ich bin absolut überzeugt von ihm“, sagt Borussias Sportdirektor Christian Hochstätter, ein Freund und früherer Mitspieler Fachs. „Ich halte ihn für einen sehr guten Trainer.“

Wie in Essen trifft der Trainer in Mönchengladbach auf eine verunsicherte Mannschaft, die weit hinter den eigenen Ansprüchen zurückliegt. Unter Ewald Lienen, dessen Vertrag bis zum Ende dieser Saison lief, haben die Gladbacher vier Bundesligaspiele in Folge verloren, am Samstag unterlagen sie Hannover 96 mit 0:2. Die Boulevardzeitung „Express“ berichtete, das Präsidium des Klubs habe Lienen bereits in der vorigen Woche zum Rapport bestellt. Die Verantwortlichen haben vor der Saison Platz neun als Ziel ausgegeben. Mittelfristig wollte der Verein, der gerade ein neues Stadion baut, zurück in den Europapokal. All die schönen Pläne sah das Präsidium durch die andauernde Erfolglosigkeit unter Lienen ernsthaft in Gefahr geraten. Die schlimmste Vorstellung der Gladbacher ist, dass sie ihr neues Stadion im Sommer als Zweitligist einweihen müssen.

Für Lienen, der in der vergangenen Saison am letzten Spieltag mit den Borussen den Verbleib in der Bundesliga geschafft hat, war es die fünfte Entlassung seiner Trainerkarriere. Auch beim MSV Duisburg, bei Hansa Rostock, dem 1. FC Köln und dem spanischen Zweitligisten CD Teneriffa musste Lienen vorzeitig gehen. Alle Engagements sind nach dem gleichen Muster verlaufen. Mit jedem seiner Klubs hatte der Trainer anfangs Erfolg: Duisburg und Köln führte er in die Bundesliga, und mit Hansa hätte er sogar beinahe den Einzug in den Uefa-Pokal geschafft. Doch genauso schnell, wie es mit Lienen nach oben ging, ging es mit ihm dann auch wieder bergab. Die Situation in Mönchengladbach wies bereits die üblichen Züge des Verfalls auf. In Kenntnis der Biographie Lienens entschloss sich das Präsidium der Gladbacher daher zu frühem Handeln.

„Nach dem Klassenerhalt war hier am Bökelberg Friede, Freude, Eierkuchen“, hat Lienen in der vergangenen Woche noch gesagt. „Da kann es nicht sein, dass der Trainer drei Spiele später auf der Abschussliste steht.“ Auf die Krise reagierte er mit Aktionismus. Für das Spiel in Hannover veränderte Lienen die Aufstellung auf sechs Positionen: „Ich werde keinem Spieler mehr in den Hintern treten, damit er seine Leistung bringt“, hatte er nach der peinlichen 0:2-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt vor einer Woche gesagt. „Dann spielen eben die, die von alleine an die Grenze gehen.“

Dem Trainer wurden falsche Personalentscheidungen vorgeworfen, taktische Fehler und ein getrübter Blick auf die Realität. Auf Vorwürfe reagierte Lienen ungehalten. Den Reporter einer Regionalzeitung beschimpfte er: „Sie sind schlimmer als ,Bild’ und ,Express’.“ Auch in der Mannschaft hatte Lienen keinen Rückhalt mehr. Während unter seinem Vorgänger Hans Meyer ein paar Mitläufer gemeutert hatten, waren es diesmal vor allem die Führungsspieler, die mit seiner pedantischen und manchmal freudlosen Art nicht zurechtkamen.

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