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Schwarz-Rot-Becker. 1987 schafft Deutschland in Hartford den Klassenerhalt gegen die USA. Ein Jahr später folgt der erste Titelgewinn im Davis Cup für ein deutsches Team.

©  Imago

Davis Cup in Berlin: Zurück zum Heldentum

Der Davis Cup hat epische Tennisschlachten gesehen – jetzt will sich der Wettbewerb neu erfinden.

Hartford. Tennisfans aus der Generation Becker zaubert allein die Nennung des Ortes im US-Bundesstaat Connecticut ein Strahlen ins Gesicht. 1987 fand hier die vielleicht epischste Auseinandersetzung in der deutschen Davis-Cup-Geschichte statt. Wie an diesem Wochenende in Berlin ging es auch damals für das deutsche Team um den Verbleib in der Weltgruppe. Damit aber hören die Parallelen auch schon auf.

Allein der Gegner! Die USA traten mit John McEnroe an, der in seinem Einzel gegen Boris Becker alle Register zog, zwischenzeitlich sogar im Schneidersitz auf dem Platz verharrte. Sechseinhalb Stunden lieferten sich Becker und McEnroe eine regelrechte Schlacht.

Der Deutsche siegte am Ende in fünf Sätzen, später holte er auch noch den entscheidenden dritten Punkt im finalen Einzel gegen Tim Mayotte. "Wer so etwas erlebt hat, der weiß, was für eine Faszination vom Davis Cup ausgeht", sagt Hans-Jürgen Pohmann.

Millionen Deutsche schauten im Juli 1987 mitten in der Nacht im Fernsehen zu. Das aktuelle Duell gegen Polen wird hingegen nicht einmal im deutschen TV übertragen. „Damals war das ja fast so eine Art Heldentum, der Davis Cup hatte hier spätestens nach dem ersten Sieg eine unglaubliche Bedeutung bekommen“, erinnert sich Markus Zoecke. Diesen ersten Titel gab es im Jahr 1988 und er war nur möglich, weil Deutschland in der Saison zuvor in Hartford nicht abgestiegen war.

Pohmann schwärmt noch heute vom früheren Stellenwert des Davis Cups

Zoecke, der aktuelle Sportdirektor des LTTC Rot-Weiß, spielte in den Neunzigern selbst für die deutsche Mannschaft und weiß noch „dass es damals nichts Größeres gab, als in diesem Team zu spielen“. Auch weil es für die Spieler gutes Geld zu verdienen gab. Unvergessen ist Zoeckes Fünf-Stunden-Match in Brasilien gegen Jaime Oncins in der ersten Davis-Cup-Runde 1992. „Wenn ich auf meine Tenniskarriere angesprochen werde, dann auf dieses Match“, sagt der Berliner.

Beinahe hätte Zoecke in der sengenden Hitze von Rio gewonnen, er hatte im fünften Satz sogar Matchball. Den konnte er nicht nutzen, „danach war mein kompletter Widerstand gebrochen.“ Die deutsche Mannschaft musste anschließend in die Relegation. Im Duell gegen Belgien war es dann „eine Selbstverständlichkeit für uns, dass wir den Karren auch wieder aus dem Dreck ziehen wollten, nachdem wir es selbst in der ersten Runde verbockt hatten.“

Vor der großen und für alle Beteiligten sehr lukrativen Zeit mit Boris Becker und später Michael Stich war der Davis Cup für die Spieler eine vor allem ehrenhafte Veranstaltung. Hans-Jürgen Pohmann, der zwischen 1971 und 1976 insgesamt 16 Mal für Deutschland spielte, schwärmt noch heute. „Du hast den ganzen Turnierkalender auf den Davis Cup abgestimmt. Dafür hättest du alles stehen und liegen lassen.“

Sein größtes Spiel erlebte der heutige Pressesprecher des Deutschen Tennis-Bundes 1975 in Berlin im Duell gegen Björn Borgs Schweden in seinem Heimatklub Rot-Weiß. Zwar ging das Match 2:3 verloren, aber Pohmann ärgert sich darüber heute nicht mehr: „Das war eine herausragende Zeit. Und man hatte damals wirklich nur ein Ziel: Davis Cup spielen.“

Es gibt Überlegungen, das Finale künftig an einem neutralen Ort auszutragen

Davon kann heute nicht mehr wirklich die Rede sein. So mancher Spieler empfindet die Einsätze in der Nationalmannschaft mehr als Belastung denn als Ehre. Und das gilt nicht nur für die Deutschen, sondern auch anderswo. Daher wird bei der Internationalen Tennis Föderation (ITF) an weiteren Reformen für den traditionsreichen Wettbewerb gearbeitet. Schon in dieser Saison gibt es auch im fünften Satz einen Tiebreak – so wie schon seit einiger Zeit in den Durchgängen eins bis vier.

Doch das soll noch nicht alles sein, erzählt Klaus Eberhard. Der Sportdirektor des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) sitzt in der ITF und weiß, was dort geplant wird. „Man überlegt zum Beispiel, das Finale an einem neutralen Ort durchzuführen. Das soll eventuell schon 2017 beschlossen und 2018 umgesetzt werden.“

Persönlich ist Eberhard kein Freund dieser Idee, besser gefallen ihm da schon Vorschläge, die in Richtung eines kürzeren Formats gehen. „Ich bin der Meinung, dass diese drei aufeinander folgenden Tage mit Best-of-five-Matches für die Spieler von der Substanz her sehr schwer zu verkraften sind. Da würde ich eine Reform in jedem Falle begrüßen“, sagt Eberhard. Wenn die Einzel nur noch über zwei Gewinnsätze gehen würden und einzig das Doppel wie bisher gespielt wird, wäre das zumindest ein Ansatz.

Wichtig ist Eberhard aber vor allem eine Feststellung: „Auch wenn ich der Meinung bin, dass es Veränderungen geben muss, sollte dabei immer in Erinnerung bleiben, wie groß der Davis Cup ist. So einen tollen Wettbewerb sollte man nicht kaputt reformieren.“

Hans-Jürgen Pohmann, Markus Zoecke und all jene, die sich an die großen Tennisschlachten von einst erinnern, dürften das genauso sehen.

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