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Ralf Rangnick

© ddp

Zweite Fußball-Bundesliga: Hoffenheim ist auch Europa

Die Zweite Liga startet in die vielleicht attraktivste Saison aller Zeiten. Der Kampf um die Spitze wird enger denn je und auch im Abstiegskampf sind noch viele Fragen offen.

Wer sind die Favoriten?

Einfacher ist wahrscheinlich die Frage zu beantworten, wer eigentlich nicht zu den Favoriten zählt. Da gibt es nämlich nicht allzu viele. „Acht bis zehn Mannschaften kommen für den Aufstieg in Frage“, sagt Freiburgs neuer Trainer Robin Dutt. Als Kandidaten gelten naturgemäß die drei Absteiger aus der Bundesliga, dazu kommen die gefühlten Bundesligisten Freiburg, Köln und Kaiserslautern, der ewige Aufstiegsversager Fürth, vielleicht Koblenz oder 1860, und als eine Art Geheimfavorit wird immer wieder der FC Augsburg genannt. Das aber ist so geheim, dass die Augsburger das offenbar selbst noch gar nicht richtig mitbekommen haben. Im Pokal haben sie beim Aufsteiger Hoffenheim verloren – weswegen Hoffenheim nun wahrscheinlich als der Geheimstfavorit gelten muss.

Wie werden sich die Absteiger zurechtfinden? Alle drei Absteiger verfügen bereits über Erfahrungen in der Zweiten Liga, der eine mehr, der andere weniger. Mainz 05 zum Beispiel ist in der großen Geschichte des deutschen Fußballs im Grunde nichts anderes als ein klassischer Zweitligist, der mal drei Jahre Urlaub in der Bundesliga machen durfte. Insofern arbeiten die Mainzer nun daran, wenigstens eine Fahrstuhlmannschaft zu werden. Alemannia Aachen hat nach dem ersten Abstieg aus der Bundesliga 36 Jahre gebraucht, um in die Erstklassigkeit zurückzukehren. So lange soll es diesmal nicht dauern, obwohl selbst Trainer Guido Buchwald Zweifel hegt, ob die Substanz für den Wiederaufstieg reicht. Der Verein hat seit dem Abstieg fast die gesamte Offensive – Schlaudraff, Rösler, Ibisevic – verloren. Anders als die Mainzer und die Aachener sind die Mönchengladbacher von ihrem Selbstverständnis immer noch Erstligist. Die Arroganz, die sie nach ihrem ersten Abstieg zur Schau getragen haben, ist ihnen diesmal allerdings weitgehend fremd. Beim ersten Zweitligaspiel des Vereins, im Sommer 1999, entrollten die Borussen-Fans ein Transparent mit der Aufschrift „Der Mythos gibt sich die Ehre“. Anschließend verlor der Mythos gegen Aufsteiger Chemnitz 0:2. Diesmal lautet das inoffizielle Motto der Fans: „Hoffenheim ist auch Europa“.

Was ist von den Aufsteigern zu erwarten? Die beiden Neuen aus dem Süden – Hoffenheim und Wehen – haben zwar keinen großen Namen, aber eine Menge Geld zur Verfügung. Trainer Ralf Rangnick konnte in Hoffenheim schon in der Regionalliga unter Erstligabedingungen arbeiten, mittelfristig soll er den Klub des SAP-Gründers Dietmar Hopp in die Bundesliga führen. Im Vergleich zum Milliardär Hopp ist der Wehener Mäzen Heinz Hankammer eine kleine Nummer, man darf aber nicht vergessen, dass die Wehener in der Regionalliga vor Hoffenheim gelandet sind. Im Pokal gegen Stuttgart jedenfalls haben sie eine erstaunliche taktische Reife bewiesen. St. Pauli gilt per se als Gewinn für die Liga. Für das erste Spiel am Millerntor, heute gegen den 1. FC Köln, gab es 90 000 Kartenanfragen, davon 26 000 aus Köln. Der vierte Neue, der VfL Osnabrück, will beim dritten Aufstieg seit 2000 zum ersten Mal länger als eine Saison in der Liga bleiben. Das wird schwer genug.

Wer sind die Stars? Wahrscheinlich gab es noch nie so viele Stars in der Zweiten Liga wie in dieser Saison – sie stehen nur nicht auf dem Platz, sondern an der Seitenlinie. Ausnahmen sind die beiden mehr oder weniger aktuellen deutschen Nationalspieler Oliver Neuville (Gladbach) und Patrick Helmes (Köln). Die 18 Klubs haben zwar so viel Geld zur Verfügung wie nie zuvor (unter anderem 86 Millionen Euro vom Fernsehen), es fällt ihnen aber schwer, das Geld auch richtig auszugeben. Für 160 neue Spieler haben sie kaum mehr als zehn Millionen Euro bezahlt, der teuerste war der neue Gladbacher Rob Friend. Er kostete 1,2 Millionen Euro.

Ist es wirklich die beste Zweite Liga aller Zeiten? Es ist zumindest den Namen nach die attraktivste – mit dem zweifachen Uefa- Cup-Sieger Gladbach, den Altmeistern Kaiserslautern und 1860 München, dem verhinderten Weltpokalsieger Köln und den Kultklubs St. Pauli, Aachen, Mainz und Freiburg. Der Rekord-Zuschauerschnitt aus der vergangenen Saison (15 253) wird vermutlich locker übertroffen. Ob auch die fußballerische Qualität dieses Interesse rechtfertigt, wird eine spannende Frage sein. Immerhin arbeiten drei Trainer in der Zweiten Liga, die noch vor zwei Jahren als Wegbereiter der Moderne im deutschen Fußball gefeiert wurden: Ralf Rangnick, Jürgen Klopp und Uwe Rapolder. „Dass wir uns jetzt in der Zweiten Liga wiedersehen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie“, sagt Rapolder, der neue Trainer der TuS Koblenz.

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