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In der Fremde erfolgreich:

© dpa

Sport: Zwilling als Schütze

Startelf-Debütant Lars Bender rettet mit seinem Tor den Deutschen womöglich das Turnier.

Am Ende hat er nicht mehr den Moment gefunden, um ein paar Worte loszuwerden, sagt Lars Bender und erzählt aus der Tiefe der Nacht. In ihrem Danziger EM-Quartier angekommen, hätten die Nationalspieler noch ein paar Snacks zu sich genommen, ehe sie auseinanderstieben. Dabei wollte er eine kleine Rede halten, wie es das inoffizielle Protokoll vorsieht. Lukas Podolski sollte was sagen, weil er sein 100. Länderspiel bestritten hatte, und er, Bender, der das erste Mal in der Startelf stand und sogar das Siegtor über Dänemark geschossen hatte. „Ich hab dann gar nichts mehr gesagt.“

Die Geschichte von Lars Bender, ideal fürs Märchenbuch, beginnt am 11. Mai. Als Joachim Löw seinen vorläufigen Kader für die EM bestimmt, sitzt Lars Bender vor dem Fernseher und erfährt auf diese schmuckfreie Art, dass er dazu gehört. Gut fünf Wochen später sagt der Bundestrainer zu ihm, dass er von Beginn an spielen wird. Und am selben Abend sehen 27 Millionen Deutsche zu, wie der 23 Jahre alte Neuling auf das dänische Tor zustürmt, einen gar nicht für ihn bestimmten Pass von Mesut Özil erreicht und ein Tor schießt, das „die Situation entschärfte“, wie er anderntags erzählt.

Entschärft ist gut. Es ist vielmehr ein Tor, das den Deutschen womöglich das Turnier gerettet hat und ihm deshalb den Namen Bum-Bum-Bender einbringt. Wie einst Bum-Bum-Becker, der deutsche Tennisheld, der eine Nation durchschüttelte. Und auch dieses Mal ist das Bum-Bum eine boulevardeske Verdichtung der Umstände in jener 80. Spielminute von Lemberg. Ein weiteres Tor der aufsässigen Dänen, und Deutschland wäre trotz der Siege über Portugal und Holland aus dem Turnier gefallen.

„Es durfte nicht mehr viel gegen uns passieren.“ So beschrieb Löw die Umstände. Niemand mochte sich in diesen Momenten die Nöte der Nation ausmalen, in die sie gekommen wäre, wenn sie ein durchaus mögliches Tor der Dänen kassiert hätte. „Gott sei Dank, hat Lars das Tor gemacht“, sagte Bastian Schweinsteiger und guckte auch so.

Es war schon riskant, dass Löw sich für Lars Bender als Ersatz für den gesperrten Spezialisten Jerome Boateng entschieden hatte. Anders als sein Zwillingsbruder Sven von Borussia Dortmund, der dem Löwschen EM-Cut zum Opfer gefallen war, brachte Lars die Erfahrung von gerade mal 16 Bundesligaminuten auf der Position des rechten Außenverteidigers mit. Er sei dort „nicht beheimatet“, erzählte Bender, habe es aber zumindest für „eine interessante Idee“ gehalten. Erst im Training habe er gemerkt, dass das etwas sei, „das mir liegen könnte“.

Löw zweifelte nie. Bender bringe schließlich alle Voraussetzungen mit: „Er ist laufstark, enorm zweikampfstark, auch gut im Passspiel.“ Vor allem aber imponierten dem Bundestrainer dessen mentale Qualitäten. Wann immer Löw über Bender sprach, sprach er im Plural. „Beide Benders sind Winnertypen, sie sind extrem positiv, sehr ehrgeizig und einfach nicht unterzukriegen, egal, wie die Situation auch ist.“ Und weil Löw nie explizit von Lars Bender sprach, fragte man sich, ob der Bundestrainer sich denn sicher sei, den richtigen Bender dabehalten zu haben?

Lars Bender muss lachen: „Ich weiß nicht, ob der Trainer es wusste, dass ich der Richtige bin. Jetzt aber wird er es wissen.“

Inzwischen hat sich auch sein Vereinstrainer gemeldet und ihm die neue Position schmackhaft gemacht. „Kommt überhaupt nicht in Frage“, sagt Bender. Er sehe sich im Mittelfeld, der Klub möge sich bitte um einen neuen Außenverteidiger bemühen. Das musste mal gesagt werden.

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