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Zwischenrunde: Wodka auf Eis

Deutschlands Gegner Russland hat sich bei der Eishockey-WM noch nicht warm gespielt. Wenn auch die russischen Millionäre noch nicht geglänzt haben, ihre Fans waren sehr präsent.

Die Spiele hinterlassen Spuren. Wann immer Russland dieser Tage bei der Eishockey-Weltmeisterschaft gespielt hat, klebt in den Stadiongängen das Bier, auf dem Boden liegen leere Wodkaflaschen und zerrissene Fahnen. Es sind die Spuren einer großen Party, Spuren der Anhänger der russischen Mannschaft. Bei den Spielen gegen die Slowakei und Weißrussland waren sie klar in der Überzahl unter 18 000 Zuschauern in der Arena.

Nur beim zweiten Gruppenspiel des Weltmeisters hielten sich die Anhänger zurück, war ja schließlich nur Zwerg Kasachstan. Der Russe kennt sich eben aus im Eishockey. „Ros-si-ja“ und „Scheibu“, klingt es im Wechsel von den Tribünen, wenn Russland spielt. Krawallig laut ist es auf den Rängen mit den rot-weiß-blauen Fahnen. Eishockey ist in Russland nicht irgendein Sport. Eishockey ist russische Seele, Stolz und Heldenverehrung: In Loge 505 der Kölnarena thront Wladislaw Tretjak, der einstige Weltklassetorhüter, bei den Spielen des Weltmeisters. Tretjak kommt aus dem Autogrammschreiben nicht heraus. Fahnen, Trikots, Fotos werden ihm in die Loge geworfen. Tretjak unterschreibt alles, und sieht von den Spielen wenig.

Das ist auch nicht schlimm, denn bei den ersten drei WM-Auftritten hat Russland wenig gezeigt, mühte sich zu 3:1-Erfolgen gegen die Slowakei und Weißrussland und zu einem 4:1 gegen Kasachstan. Heute, zum Auftakt in der Zwischenrunde gegen die Deutschen (20.15 Uhr, live auf Sport 1), werden sie mehr anstellen müssen. Schließlich werden die Russen auf einen Gegner treffen, der sich bisher sehr gut im Turnier präsentiert hat.

Wenn auch die russischen Millionäre noch nicht geglänzt haben, ihre Fans waren sehr präsent. Ihr Held Alexander Owetschkin, der vielleicht beste Spieler der Welt, hat schon mal gesagt: „Die Atmosphäre in der Arena ist toll.“ Dann sagte Owetschkin „danke schön“ und ging in die Kabine. Schließlich wird er fürs Eishockeyspielen und nicht fürs Interviewgeben bezahlt. Owetschkin hat einen 124-Millionen-Dollar-Vertrag bei den Washington Capitals, Laufzeit 13 Jahre.

Owetschkins Mitspieler Sergej Fedorow ist auskunftsfreudiger. „Wir haben bisher gemacht, was wir machen sollten. Das hat gereicht und war gut, denn im Training sah das bei uns doch alles anfangs sehr chaotisch aus.“ Es ist eben nicht einfach mit den vielen Stars. Glänzten die Russen zu Zeiten des Kalten Krieges mit dem Kollektiv, so finden sich heute viele Diven zusammen, die auch auf eigene Rechnung spielen. Es sind Großverdiener aus der nordamerikanischen NHL und aus der heimischen Kontinental Hockey-League (KHL), in der nach der NHL die besten Gehälter im Klubeishockey gezahlt werden.

Russlands Eishockey ist auch ein wenig chaotisch, was die Fans bei der WM betrifft, die wie viele ihrer Stars ihr Geld nicht in der Heimat verdienen. Aus ganz Deutschland seien die Exilrussen angereist, sagte einer der wenigen noch nicht vom Alkoholkonsum gezeichneten Fans nach dem Spiel gegen die Slowaken. „Hier waren mehr als 10 000 Russen.“ Nach den ersten WM-Auftritten ist die Euphorie, was das Sportliche angeht, beim Anhang allerdings zurückhaltend. „Wenn wir nicht besser spielen als bisher, werden wir nicht Weltmeister“, sagt ein russischer Fan.

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