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In New York kooperiert die Freie Universität Berlin mit der Ludwig-Maximilians-Universität München.

© Imago/Sepp Spiegl

Internationales Netzwerk: In der Welt zu Hause

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von sieben Verbindungsbüros im Ausland sorgen dafür, dass die Freie Universität auch tausende Kilometer von Berlin entfernt bekannt ist.

NEW YORK

Noch immer gehen weniger als zehn Prozent der US-Studierenden während ihres Studiums ins Ausland. Das sollte sich ändern, findet Katja Simons: „Internationale Erfahrung ist immer ein Gewinn.“ Die promovierte Soziologin leitet das Verbindungsbüro der German University Alliance, ein Zusammenschluss der Freien Universität Berlin mit der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dort unterstützt sie junge Menschen dabei, in Deutschland zu studieren und zu forschen.

Das New Yorker Verbindungsbüro befindet sich – wie das deutsche Konsulat und die Ständige Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen (UN) – im Deutschen Haus, gegenüber dem UN-Hauptquartier in Manhattan. Außerdem sind dort der DAAD, weitere Büros deutscher Hochschulen, die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus angesiedelt. „Ein starkes Netzwerk deutscher Einrichtungen, die sich um den akademischen Austausch mit Nordamerika bemühen“, sagt Simons. Die 46-Jährige kennt die USA seit ihrer Schulzeit. Damals lebte sie ein Jahr bei einer Gastfamilie in Connecticut. In New York fühlt sie sich längst zu Hause. Ihre beiden Söhne sind gebürtige Amerikaner und besuchen die Deutsche Internationale Schule. „In dieser Stadt wird man schnell heimisch, weil hier Menschen aus aller Welt zusammenkommen“, sagt Katja Simons. Jeden Sommer aber fliegt sie nach Europa, um ihre Familie zu sehen.

Katja Simons, promovierte Soziologin, leitet das New Yorker Verbindungsbüro - und fühlt sich dort längst zuhause.
Katja Simons, promovierte Soziologin, leitet das New Yorker Verbindungsbüro - und fühlt sich dort längst zuhause.

© Bernd Wannenmacher

KAIRO

Kairo: Die Muhammad-Ali-Moschee - auch Alabastermoschee genannt - ist eine der größten in der ägyptischen Hauptstadt.
Kairo: Die Muhammad-Ali-Moschee - auch Alabastermoschee genannt - ist eine der größten in der ägyptischen Hauptstadt.

© sbostock/Istock

Seitdem das Außenbüro in Kairo im Jahr 2010 seine Arbeit aufgenommen hat, hat sich die politische Situation in Ägypten mehrfach dramatisch gewandelt. Auf die Aufbruchsstimmung des „Arabischen Frühlings“ folgten Zeiten der Unsicherheit. Dabei gab es auch Phasen, in denen der Studierenden- und Doktorandenaustausch sowie wissenschaftliche Kooperationen fast unmöglich erschienen, erzählt Florian Kohstall, der das Büro aufgebaut hat und leitet. Derzeit habe sich die Lage in Kairo zwar stabilisiert, von Normalität könne aber keine Rede sein. „Vor drei Jahren hatten wir zeitweise bis zu zwölf Kooperationsprojekte auch zu gesellschaftspolitisch sehr spannenden Fragen. Heute stehen eher globale Themen im Mittelpunkt, etwa Nahrungsmittelsicherheit, Klimawandel und Migration“, sagt der Politikwissenschaftler, der über das ägyptische Hochschulwesen promoviert hat: „Das Büro in Kairo liegt geografisch quasi vor unserer Haustür und ist deshalb auch ein wichtiger Ort, um diese Themen anzugehen.“ In den vergangenen Jahren hat Florian Kohstall das Netzwerk der Freien Universität im Nahen Osten erweitert: Mit der American University in Beirut im Libanon etwa gibt es nun – wie mit der American University in Kairo – einen Direktaustausch für Studierende; die Kairo-Universität ist schon lange ein zentraler Partner. Austauschprogramme sind von beiden Seiten sehr gefragt. Zurzeit promovieren beispielsweise 32 Doktorandinnenn und Doktoranden aus Ägypten in Dahlem. Auch die Vernetzung zwischen den Einrichtungen in den Ländern vor Ort sei wichtig, sagt Kohstall, der Mitglied der Arab-German Young Academy of Sciences and Humanities (AGYA) ist, einem an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften angesiedelten Forum für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus arabischen Ländern und Deutschland. Diese Verbindungen bestünden dauerhaft und machten Austausch und Zusammenarbeit auch dann möglich, wenn die institutionellen Voraussetzungen an den Unis wegen der politischen Lage nicht mehr ideal seien. „Wir brauchen neue Formen der Kooperation“, sagt Kohstall. Netzwerke nicht nur zu knüpfen, sondern dauerhaft zu pflegen, gehöre dazu.

Florian Kohstall hat das Büro in Kairo 2010 aufgebaut und leitet es seither.
Florian Kohstall hat das Büro in Kairo 2010 aufgebaut und leitet es seither.

© Bernd Wannenmacher

BRÜSSEL

Brüssel: Das Atomium ist - neben den Einrichtungen der Europäischen Union - das wohl bekannteste Wahrzeichen der Stadt.
Brüssel: Das Atomium ist - neben den Einrichtungen der Europäischen Union - das wohl bekannteste Wahrzeichen der Stadt.

© ElenaNoeva/Istock

Es kommt darauf an, sich gut zu vernetzen und die Ausschreibungen richtig zu lesen“ sagt Claudia Siegel, wenn man sie fragt, ob es nicht zu kompliziert und zeitaufwendig sei, EU-Forschungsfördermittel zu beantragen. „Wenn man die Mechanismen verstanden hat, sind die Chancen auf Erfolg realistischer.“ Das Gute: Die Entscheidung, ob ein Projekt gefördert werde oder nicht, falle schneller als bei deutschen Forschungsförderern, meint Siegel. Seit mehr als 15 Jahren ist die Diplomdolmetscherin entweder in der belgischen Hauptstadt tätig – unter anderem für die Kooperationsstelle EU der Wissenschaftsorganisationen, für das Brüssel-Büro der Helmholtz-Gemeinschaft und das der Leibniz-Gemeinschaft sowie das Verbindungsbüro des Deutschen Bundestags. Oder sie war in Deutschland mit dem Thema EU-Forschungsförderung beschäftigt. Seit Herbst 2015 kann Claudia Siegel als Leiterin des Verbindungsbüros der Freien Universität in Brüssel „das Beste aus beiden Welten verbinden“. Sie will Wissenschaftler aus allen Fachbereichen sowie die Universitätsleitung beraten und dabei unterstützen, nicht nur von der europäischen Forschungsförderung zu profitieren, sondern auch mit eigenen Themen bei der Europäischen Kommission Gehör zu finden. Denn im Moment werden nicht nur die Arbeitsprogramme für die Zeit von 2018 bis 2020 erarbeitet, sondern auch das neue Rahmenprogramm vorbereitet, das auf „Horizon 2020“ – das bisherige Programm der EU für Forschung und Innovation – folgen soll. Es könnte dann neben inhaltlichen und strukturellen Neuerungen auch das erste ohne britische Beteiligung sein, sagt Siegel. Wie sich die europäischen Forschungskooperationen nach einem Brexit verändern würden, sei allerdings völlig unklar. „Das hängt auch davon ab, ob Großbritannien bereit wäre, sich als Drittstaat zum nächsten Forschungsrahmenprogramm zu assoziieren und als Voraussetzung hierfür unter anderem die Personenfreizügigkeit anzuerkennen, also den auch für Wissenschaftler essentiellen freien Zugang zum Arbeitsmarkt.“

Claudia Siegel ist seit Herbst 2015 für die Freie Universität in Brüssel.
Claudia Siegel ist seit Herbst 2015 für die Freie Universität in Brüssel.

© Privat

PEKING

Peking: Das beeindruckende Gebäude des Fernsehsenders China Central Television (CCTV) thront über den nächtlichen Straßen.
Peking: Das beeindruckende Gebäude des Fernsehsenders China Central Television (CCTV) thront über den nächtlichen Straßen.

© fazon1/Istock

„In China ist man einer Dynamik ausgesetzt, die wahrscheinlich weltweit ihresgleichen sucht“, sagt Beate Rogler. Seit 2012 knüpft sie für die Freie Universität Berlin in Peking Kontakte und wirbt für den Studien- und Forschungsstandort Berlin. Für den Deutschen Akademischen Austauschdienst und für andere Universitäten ist sie schon länger als ein Jahrzehnt in China. Die schnelle Entwicklung des Landes sieht sie dabei als Herausforderung. „Ich hatte nicht erwartet, dass China so schnell international den wissenschaftlichen Anschluss finden würde“, sagt Beate Rogler. Viele Universitäten bauten den zweiten, dritten oder vierten Campus, während gleichzeitig die Qualität steige. Um die Verbindungen zwischen China und Berlin zu pflegen, seien persönliche Kontakte entscheidend, ist die Sinologin überzeugt. Dazu habe auch das „Deutsch-chinesische Forum für Wissenschaft und Innovation“ gedient, das Ende November an der Freien Universität stattfand. Dort diskutierten prominente Vertreter von Universitäten und aus der Politik – unter ihnen die chinesische Vizepremierministerin Liu Yandong und BMBF-Staatssekretär Georg Schütte – über die Exzellenzinitiativen beider Länder. Beate Rogler hält eine enge wissenschaftliche Kooperation zwischen China und Deutschland für sehr wichtig. „Gesellschaftliche Probleme machen an Grenzen nicht halt“, betont sie. „Nur wenn wir zusammenarbeiten, können wir Lösungen aus verschiedenen Blickwinkeln finden und die Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis schaffen.“

Beate Rogler knüpft seit 2012 in Peking für die Freie Universität Kontakte.
Beate Rogler knüpft seit 2012 in Peking für die Freie Universität Kontakte.

© Bernd Wannenmacher

MOSKAU

Moskau: Der Rote Platz mit der Basilius-Kathedrale (links) und dem zum Kreml gehörenden Spasskaya-Turm.
Moskau: Der Rote Platz mit der Basilius-Kathedrale (links) und dem zum Kreml gehörenden Spasskaya-Turm.

© VvoeVale/Istock

m Prinzip zeichnete sich sein beruflicher Weg schon in der Grundschule ab: Von der ersten Klasse an hat Tobias Stüdemann Russisch gelernt. Seitdem hat ihn die Sprache nicht mehr losgelassen. Seit 2010 leitet er das Verbindungsbüro der Freien Universität Berlin in Moskau. Zur Routine sei die Arbeit auch nach sechs Jahren nicht geworden, sagt Tobias Stüdemann. Das neueste Projekt, das er gerade realisiert, ist ein eigener Facebook-Auftritt des Verbindungsbüros: „In Russland läuft ein Großteil der Kommunikation über soziale Medien – und das nicht nur im privaten Bereich.“ Der gebürtige Hamburger kam als Teenager durch einen Schüleraustausch das erste Mal nach Russland. Später absolvierte er dort seinen Zivildienst bei der gemeinnützigen Organisation „Sostradanie“ (Mitgefühl), die sich um Opfer stalinistischer Repressionen kümmert. Nebenbei war er als Lehrkraft für Deutsch an der Russischen Staatlichen Universität für Geisteswissenschaften tätig. An der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Bremen studierte Stüdemann Rechtswissenschaft, mit speziellen Kursen zum russischen Rechtssystem – und natürlich in russischer Sprache. An seiner Tätigkeit im Verbindungsbüro in Moskau gefallen dem Russland-Experten nicht nur der Gestaltungsspielraum und die Eigenverantwortlichkeit beim Entwickeln und Umsetzen eigener Ideen. Es sei auch spannend, Projekte in allen Facetten ihres Entstehungsprozesses begleiten zu können. So war er etwa vom Vertragsentwurf bis zur Gestaltung der Onlineseite für Bewerber des Doppelmasters „Global Communication and International Journalism“ der Freien Universität Berlin und der School of Journalism and Mass Communications der Saint Petersburg State University dabei. Es ist die Arbeit mit und für talentierte Nachwuchskräfte, die Tobias Stüdemann immer wieder fasziniert: „Jungen Menschen Perspektiven eröffnen zu können und sie für die Freie Universität Berlin zu gewinnen, ist einfach toll!"

Tobias Stüdemann findet es "einfach toll", jungen Russen Perspektiven an der Freien Universität eröffnen zu können. Das Moskauer Büro leitet er seit 2010.
Tobias Stüdemann findet es "einfach toll", jungen Russen Perspektiven an der Freien Universität eröffnen zu können. Das Moskauer Büro leitet er seit 2010.

© Bernd Wannenmacher

SAO PAULO

Sao Paulo: Der Blick auf die Catedral da Sé, im Vordergrund die Statue des Apostels Paulus, Namensgeber der Stadt.
Sao Paulo: Der Blick auf die Catedral da Sé, im Vordergrund die Statue des Apostels Paulus, Namensgeber der Stadt.

© Fabiolm/Istock

Ihr sprachlicher Schwerpunkt war eigentlich Spanisch – bis es Nora Jacobs vor gut vier Jahren nach São Paulo verschlug. Zunächst war sie dort zwei Jahre für die Alexander von Humboldt-Stiftung tätig, anschließend ein Jahr in der Koordination des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses São Paulo (DWIH). Im Mai 2016 übernahm sie die Leitung des südamerikanischen Verbindungsbüros der Freien Universität. Weit tragen musste sie die Umzugskisten nicht: Die Büros aller drei Einrichtungen sind im DWIH untergebracht, der zentralen Anlaufstelle für Forschungs- und Innovationskompetenz aus Deutschland. Nora Jacobs lebt und arbeitet gern in der Metropole im Südosten Brasiliens: „Wir haben eine sehr gut funktionierende Gemeinschaft hier im Haus und mit unseren Partneruniversitäten. Und die Stadt São Paulo weist eine beeindruckende kulturelle Dynamik auf.“ Was der Lateinamerika-Expertin an ihrer Arbeit besonders gefällt, sind die Vielseitigkeit, der Austausch, der Einblick in unterschiedliche Forschungsbereiche und die Anbindung an die Freie Universität: Deren Lateinamerika-Institut ist das größte seiner Art in Deutschland und gehört europaweit zu den führenden Institutionen in diesem Bereich. Nora Jacobs hat an der Universität zu Köln Regionalwissenschaften Lateinamerika mit den Schwerpunkten Politikwissenschaft, Völkerrecht und Spanisch studiert. Das erste Mal nach Südamerika kam die gebürtige Hamburgerin schon in der 10. Klasse durch einen Schüleraustausch mit Mexiko. Später folgten dann ein Auslandssemester in Argentinien sowie Forschungs- und Arbeitsaufenthalte in Chile, Costa Rica, Kuba und Venezuela. „Meine Spanischkenntnisse haben mir sehr dabei geholfen, hier in São Paulo schnell Portugiesisch zu lernen“, erzählt Jacobs. Zugute kommen ihr auch ihre landeskundlichen Kenntnisse und ihre Erfahrungen im Wissenschaftsmanagement und in der internationalen Forschungszusammenarbeit.

Nora Jacobs leitet seit Mai 2016 das südamerikanische Verbindungsbüro der Freien Universität.
Nora Jacobs leitet seit Mai 2016 das südamerikanische Verbindungsbüro der Freien Universität.

© Bernd Wannenmacher

NEU-DELHI

Neu-Dehli: Das India Gate in der indischen Hauptstadt erinnert an Gefallene des Ersten Weltkriegs.
Neu-Dehli: Das India Gate in der indischen Hauptstadt erinnert an Gefallene des Ersten Weltkriegs.

© atosan/Istock

In wenigen Jahren wird Indien das bevölkerungsreichste Land der Welt sein“, sagt Stefan Diederich. Das Land fasziniert den 32-Jährigen schon seit seinem Studium der Politik und Geschichte Südasiens. Nachdem er zwischenzeitlich für ein Industrieunternehmen gearbeitet hatte, schloss der Politologe vor Kurzem seine Doktorarbeit zur Thematik der Landpolitik in Indien ab. Seit 2005 war Stefan Diederich fast jedes Jahr in Indien. Die Leitung des Verbindungsbüros der Freien Universität in Neu-Delhi, das 2008 im Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) im Diplomatenviertel Chanakyapuri eröffnet wurde, hat er im Juni 2016 übernommen. In der indischen Hauptstadt zu leben, sei ungemein spannend, findet er. „Wirtschaft und Gesellschaft verändern sich mit einer Geschwindigkeit, die man aus Mitteleuropa nicht gewohnt ist. Ich bin froh, diese Entwicklung jeden Tag mitzuerleben.“ Auslandsaufenthalte hält Stefan Diederich deshalb gerade für Studierende für sehr wertvoll. Und freut sich, dass die Freie Universität durch ihre zahlreichen Kooperationen und Verbindungen so viele Möglichkeiten bietet. Während seines eigenen Studiums in Heidelberg hat er zwei Semester in Singapur verbracht, an einem Sommeraustauschprogramm mit einer britischen Universität teilgenommen und Praktika in Indien absolviert. „Natürlich lernt man viel über das andere Land“, sagt er heute, „aber ich glaube, durch einen solchen Perspektivwechsel lernt man auch sich selbst besser kennen und versteht die eigene Gesellschaft in der Heimat besser.“

Stefan Diederich leitet das Büro in Neu-Dehli seit Juni 2016 - von Indien fasziniert ist der Politologe aber schon lange, schloss vor kurzem seine Doktorarbeit zur Landpolitik in Indien ab.
Stefan Diederich leitet das Büro in Neu-Dehli seit Juni 2016 - von Indien fasziniert ist der Politologe aber schon lange, schloss vor kurzem seine Doktorarbeit zur Landpolitik in Indien ab.

© Bernd Wannenmacher

Nina Diezemann, Jonas Huggins, Maria Kosmalla

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