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© dpa

Altersvorsorge: Die Riester-Lotterie

Verbraucherschützer kritisieren die Riester-Rente: Die Kosten der Produkte sind zu hoch, das Geld kommt bei den Sparern nicht an.

Berlin - Die Suche nach dem richtigen Riester-Vertrag gleicht einer Lotterie. „Es ist eher Zufall, ob die Verbraucher das passende Produkt finden“, sagte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV), am Montag in Berlin. Die Verbraucherschützer stellten eine neue Studie der Universität Bamberg vor, die Banken, Versicherungen und Fonds in ein schlechtes Licht rückt. „Die Hälfte der von uns befragten Anbieter machten gar keine Angaben zu den Kosten“, sagte Professor Andreas Oehler, der das Gutachten verfasst hatte, „und das bei unterschriftsreifen Verträgen.“

Als Konsequenz aus der Studie fordern die Verbraucherschützer grundlegende Änderungen im Riester-System. Sie verlangen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), per Gesetz für mehr Kostentransparenz und eine Deckelung der Kosten zu sorgen. Zudem sollen die Verträge nicht nur einmal von der Finanzaufsicht zertifiziert, also zugelassen werden, sondern regelmäßig überprüft werden. Als Alternative zu den privaten Angeboten wünscht sich der VZBV zudem eine Art „Volks-Riester“, bei dem die Sparer mit Hilfe von Bundeswertpapieren sicher und kostengünstig vorsorgen können.

Der Staat fördert Riester-Sparer mit Zulagen und Steuererleichterungen (siehe Kasten). Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums sind von 2002 bis Mai dieses Jahres rund 7,8 Milliarden Euro an staatlichen Subventionen in die Riester-Verträge geflossen. Gutachter Oehler kritisiert jedoch, dass ein Großteil des Geldes nicht auf die Konten der Sparer, sondern über Provisionen in die Taschen der Anbieter geflossen ist. Das bestätigt auch eine neue Untersuchung der Zeitschrift „Öko-Test“. Danach zehren Abschluss-, Wechsel- und Verwaltungskosten einen Großteil der versprochenen Verzinsung von mindestens 2,25 Prozent im Jahr auf. Pikant: Obwohl für Riester-Verträge eigentlich strengere Bestimmungen gelten als für herkömmliche Lebensversicherungen, sind die Verwaltungskosten bei den staatlich geförderten Produkten fast durchweg höher als bei ungeförderten Versicherungen, heißt es in der am Montag veröffentlichten „Öko-Test“-Untersuchung.

Finanzexperte Oehler macht dafür die fehlende Aufsicht verantwortlich. Er plädiert für die Schaffung einer eigenen Aufsichtsbehörde, die Riester-Verträge kontrolliert. Dagegen möchte VZBV-Chef Gerd Billen die Kontrolle der Verträge der Bundesbank oder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) übertragen, die derzeit die Produkte zulässt. In einem sind sich jedoch alle einig: „Die Finanzprodukte brauchen ein klares Preisschild“, fordert die Altersvorsorgeexpertin des VZBV, Dorothea Mohn.

Wegen der mangelnden Transparenz der Angebote seien Verbraucher, die einen Riester-Vertrag abschließen wollen, überfordert, berichtet Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen aus seiner Beratungspraxis. Das schadet der Akzeptanz. Tatsächlich haben bislang weit weniger Menschen einen Riester-Vertrag abgeschlossen als erwartet. Mit knapp 13 Millionen hat noch nicht einmal die Hälfte der Berechtigten eine Riester-geförderte Zusatzvorsorge.

Die Verbraucherschützer fordern Bundesarbeitsministerin von der Leyen auf, einzuschreiten. Sie müsse die Anbieter per Gesetz zwingen, die Kosten klar und deutlich auf der ersten Seite des Vertrages zu benennen. Zudem sollte der Staat den Bürgern eine risikofreie, günstige Riester-Variante anbieten. VZBV-Expertin Mohn plädiert dafür, dass Riester-Sparer auch bei der Bundesfinanzagentur Bundeswertpapiere kaufen und dafür die staatliche Förderung erhalten können. „Wenn der Markt nicht funktioniert, muss der Staat Verantwortung übernehmen“, kritisiert Mohn.

Im Bundesarbeitsministerium zeigt man sich aufgeschlossen. „Wir haben die Kritik mit Interesse aufgenommen“, sagte Ministeriumssprecher Christian Westhoff. Das gelte sowohl für die Höhe der Abschluss- und Wechselkosten bei den Riester-Verträgen als auch für die Frage der Transparenz. „Der Hauptanteil der staatlichen Unterstützung muss auf den Konten der Sparer landen“, betont auch Westhoff. Allerdings müsse sich das Geschäft auch für die privaten Anbieter lohnen. „Ohne die Finanzbranche funktioniert die Riester-Rente nicht“, meint der Sprecher.

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