zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Außerirdisches Leuchten

Das Testurteil: 4 Punkte 0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen Echte Sonnenbräune im Winter – das ist der Mercedes. Echte Sonnenbräune im Winter heißt: „Ich kann mir was leisten.

Das Testurteil: 4 Punkte 0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen

Echte Sonnenbräune im Winter – das ist der Mercedes. Echte Sonnenbräune im Winter heißt: „Ich kann mir was leisten.“ Solariumsbräune hingegen steht für: „Ich würde mir gern was leisten, hab auch ein bisschen gespart, doch so ganz reicht es nicht.“ Solariumsbräune ist der Golf unter den Hautfarben. Für Menschen wie mich, die sich weder Mercedes noch Golf leisten können (und deswegen beide unsympathisch finden), hat Philips den Gesichtsbräuner HB 172 auf den Markt gebracht – ein Tischgerät in schlichtem Weiß, sozusagen einen Zweisitzer- Smart. Irgendwie will man dazugehören, modern sein, verfügt aber nur über ein begrenztes Budget.

Der Gedanke hinter dem Produkt gefällt mir: Das Gesicht ist das Schaufenster des Menschen. Meine restlichen Körperpartien interessieren nur eine sehr kleine Minderheit. Alle anderen sehen nur mein Gesicht. Es reicht mir völlig, die Bräune und damit Sonnenbrandgefahr und Hautkrebsrisiko auf diesen Teil zu beschränken. Außerdem fallen keine regelmäßigen Solariumskosten an, das Gerät kostet nur einmal knapp 60 Euro (zum Beispiel bei Karstadt). Das Solarium an sich ist eh nicht so meine Welt. In den UV-Särgen fühle ich mich unwohl, ein bisschen wie im Kernspintomografen. Das private Tischgerät, etwas kleiner als ein Computerbildschirm, ist mir lieber. Die Gebrauchsanweisung empfiehlt mir – blond, helle Haut – maximal 15 Minuten Bräunungssitzung am Tag. Die mitgelieferte Schutzbrille soll ich tragen und nach der ersten Sitzung 48 Stunden Pause machen.

Nach 15 Minuten Lektüre der Sicherheitsvorschriften stelle ich die Zeitschaltuhr und stöpsele den Stecker in die Steckdose. Ein Flackern. Vier Leuchtstoffröhren tauchen meine mit viel Liebe und Holz eingerichtete Küche in ein grelles Licht, das an die Landung von Außerirdischen in einem Science-Fiction-Film erinnert. Geblendet platziere ich mich vor dem Bräuner, das Gesicht im Abstand von empfohlenen zehn Zentimetern. Eine Viertelstunde kann sehr lang sein, wenn man die Augen nicht öffnen darf und leicht vornübergebeugt darauf hofft, dass die Nackenstarre ausbleibt.

Ich bin nicht sicher, was überwiegt: angenehme Wärme oder der Geruch von schmirgelndem Plastik. Das Ergebnis ist jedenfalls ernüchternd: leicht trockene, gerötete Haut, auch nach fünf Sitzungen keine erkennbare Bräune. Ein bisschen enttäuscht laufe ich noch immer blass durch den Schnee. Vielleicht sollte ich das nächste Mal einen Smart Cabrio testen.

Oliver Trenkamp

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false