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Betriebsrente: "Es wird eher weniger"

Versicherungsvorstand Frank Neuroth über Sicherungsnetze, ihre Lücken und die hohen Ausschüttungen der Versicherer

Herr Neuroth, die Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin warnt vor Milliardenlöchern bei der Betriebsrente. Müssen sich die Arbeitnehmer Sorgen machen?



Nein. Die Arbeitnehmer müssen nicht befürchten, dass sie später keine Betriebsrente bekommen – und zwar egal, ob ihr Arbeitgeber die Rente selbst organisiert oder das an einen Externen, etwa eine Versicherung, überträgt. In beiden Fällen gibt es Sicherungssysteme. Organisieren die Unternehmen ihre Betriebsrenten in eigener Regie und rutschen sie dann in die Insolvenz, springt der Pensionssicherungsverein ein und zahlt die Renten weiter.

In voller Höhe?


Für die Rentner ändert sich nichts. Sie bekommen ihre Betriebsrenten in voller Höhe weitergezahlt. Allerdings auch nicht mehr – Steigerungen gibt es dann nicht mehr. Arbeitnehmer, die noch nicht in Rente sind, bekommen später vom Pensionssicherungsverein eine Betriebsrente, soweit sie unverfallbare Anwartschaften erworben haben.

Viele Arbeitgeber organisieren ihre Betriebsrenten extern – über Pensionskassen oder Direktversicherungen, die sie bei Lebensversicherern schließen. Wie sicher sind diese Lösungen?


Direktversicherungen und deregulierte Pensionskassen …

… also die Pensionskassen, die für jede Branche und jedes Unternehmen geöffnet sind …

… würden bei einer Insolvenz des Versicherers oder der Pensionskasse von der Sicherungseinrichtung der Versicherungswirtschaft, Protektor, übernommen. Überschüsse, die in der Vergangenheit den Verträgen bereits zugeschrieben worden sind, und der Garantiezins würden dann weiterhin gezahlt.

Aber für die Periode nach einer Übernahme durch Protektor gäbe es dann nur noch den Garantiezins von derzeit 2,25 Prozent.

Wahrscheinlich schon. Allerdings ist der Garantiezins bei älteren Verträgen deutlich höher. Bis zum Jahr 2000 lag er sogar bei vier Prozent – und dieser Zins ist dann den Versicherten bis zum Ende der Laufzeit sicher.

Gibt es Betriebsrenten, die nicht abgesichert sind?

Bei sogenannten regulierten Pensionskassen – das sind Pensionskassen, die ihre Konditionen von der Finanzaufsicht Bafin genehmigen lassen und nur Beschäftigte eines Unternehmens oder einer Branche versichern – springen im Fall einer Insolvenz weder Protektor noch der Pensionssicherungsverein ein.

Wie viele Menschen betrifft das?


Regulierte Pensionskassen haben Deckungszusagen von rund 85 Milliarden Euro. Das ist nicht wenig.

Und wenn diese Kassen Probleme haben?

Viele dieser Kassen haben sogenannte Sanierungsklauseln. Das erlaubt ihnen, garantierte Leistungen zu senken, wenn sie wirtschaftliche Probleme haben. Einige Pensionskassen haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht. Dafür gibt es in guten Zeiten bei den regulierten Kassen oft höhere Garantiezinsen als bei den deregulierten.

Die Lebensversicherer und die Pensionskassen, die von Versicherern betrieben werden, zahlen für 2009 Überschussbeteiligungen von durchschnittlich 4,5 Prozent. Gibt der Kapitalmarkt das überhaupt her?

Im vergangenen Jahr haben die Versicherer das am Kapitalmarkt nicht verdienen können. Und auch im Moment ist das angesichts der niedrigen Zinsen nicht möglich. Zehnjährige Staatsanleihen bringen im Moment gut drei Prozent Zinsen, Pfandbriefe 0,2 oder 0,3 Prozent mehr.

Wie finanzieren die Versicherer die aktuellen Überschussbeteiligungen?

Derzeit größtenteils aus den Reserven. Aus dem, was wir früher erwirtschaftet haben. Die Reserven sind dazu da, schlechte Zeiten zu überbrücken, aber ich finde, das ist keine Dauerlösung. Man kann nicht dauerhaft mehr ausschütten, als man verdient. Noch haben wir viele langlaufende Wertpapiere in unseren Büchern, die hohe Zinsen abwerfen. Aber jeden Tag werden einige dieser Anlagen fällig. Wenn wir das Geld jetzt neu anlegen, bekommen wir natürlich geringere Zinsen als früher.

Das heißt, die Versicherten müssen sich auf sinkende Überschüsse einstellen?

Es wird auf jeden Fall nicht mehr, eher weniger.

Was zahlen die Versicherungen, die zu Ihrem Konzern gehören?


Die Victoria zahlt eine laufende Gesamtverzinsung von 3,6 Prozent plus einem Schlussgewinnanteil von 0,6 Prozent, also zusammen 4,2 Prozent.Bei der Hamburg-Mannheimer liegt die laufende Gesamtverzinsung bei 4,2 Prozent plus 0,5 Prozent Schlussgewinnanteil.

Damit liegen Sie aber auch im Bereich des Üblichen.


Ja, aber der Wettbewerb ist hart. Und bei der Überschussbeteiligung wird oft verkannt, dass der eigentliche Vorteil unserer Produkte nicht der Überschuss eines einzelnen Jahres ist, sondern die Sicherheit der langfristigen Garantie, die wir bieten.

Das Interview führte Heike Jahberg

Frank Neuroth ist im Versicherungskonzern Ergo zuständig für die betriebliche Altersversorgung. Er ist Vorstand bei der Victoria-Lebensversicherung und der Hamburg-Mannheimer.

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