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Wirtschaft: Den zehnten Kaffee gibt es gratis

Die Stiftung Warentest rät: Die besten Treuekarten hat der Laden um die Ecke / Payback, Happy Digits und Co lohnen sich kaum

„Haben Sie eine Kundenkarte?“ Immer wieder dieselbe Frage. Im Supermarkt, an der Tankstelle, beim Optiker. Es folgt: hektisches Kramen oder ein kurzes „Nein“ – manchmal ergänzt durch ein vorsorgliches: „Und ich will auch keine!“ Totalverweigerer von Kundenkarten werden aber immer seltener. Die Plastikkärtchen stehen bei deutschen Verbrauchern hoch im Kurs. 90 Prozent besitzen mindestens eine der Karten, mit denen der Handel Kunden an sich binden will. Das ergab eine OnlineUmfrage des Marktforschungsunternehmens Dialego.

Der Platz im Portemonnaie ist zwar beschränkt, doch der Sparwille der Deutschen grenzenlos. Bei einem guten Drittel der Kunden stecken mindestens vier Karten in der Tasche und jeder fünfte Befragte ist sogar bereit, mehr als sechs Karten zu platzieren. Doch lohnt sich die Kartenvielfalt auch? Wie hoch sind die Rabatte? Und gebe ich für das Plastikkärtchen nicht zu viele Daten preis?

Die Stiftung Warentest untersuchte 36 Kundenkarten, Rabatt- und Bonusprogramme (Finanztest 2/2005). Demnach fallen die regelmäßigen Rabatte bescheiden aus: Sie betragen zwischen 0,25 und drei Prozent. Gar keine finanziellen Anreize bieten Douglas und Ikea. Sie locken mit Gewinnspielen und exklusiven Kundenmagazinen. Und nur auf den ersten Blick großzügig zeigt sich der Haushaltsgerätehersteller Innova, der Mitgliedern seines Rabattclubs grundsätzlich zehn Prozent Nachlass einräumt. Mitglied wird aber nur, wer eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 32,99 Euro berappt.

Die Zeit der Rabatte mit der Gießkanne ist vorbei. Heute sind Sonderaktionen das Salz in der Suppe. Zu bestimmten Zeiten – Jubiläen, Saisonabschlüssen – oder für bestimmte Warengruppen werden schon mal Rabatte von bis zu 20 Prozent gewährt. Nicht gerade innovativ, sagen Branchenexperten, die darin eine Art Rückkehr zum Winter- und Sommerschlussverkauf sehen.

Schlecht weg kamen im Kartentest besonders die Großen. „Der Kunde blickt nicht mehr durch. Viele Partnerunternehmen sind nicht immer ein Segen“, kritisiert Uwe Döhler, Projektleiter der Stiftung Warentest. So legt jedes der 15 Partnerunternehmen von Payback die Rabatthöhe selbst fest. Payback ist mit 27 Millionen Karten Marktführer, gefolgt von Happy Digits mit 22 Millionen. Auch beim BSW Verbraucher-Service geht der Durchblick verloren. Bundesweit gewährt das System bei 27 000 Akzeptanzstellen Rabatte. Wo und wie hoch müssen sich die zwei Millionen Teilnehmer aber mühevoll aus dem BSW-Katalog heraussuchen. Übersichtlicher sind die Programme einzelner Händler. In den Adler Modemärkten, bei Hagebau sowie den Schuhhändlern Görtz/Hess fließen mindestens drei Prozent – direkt beim Einkauf. Dagegen gibt es beim Hellweg-Baumarkt die drei Prozent Rabatt erst ab einem Umsatz von 1500 Euro.

Die ideale Kundenkarte gibt es nicht. Ihr am nächsten kommt nach Meinung der Stiftung Warentest der Klassiker: die einfache Treuekarte beim Frisör oder im Kaffeehaus um die Ecke. Pro Besuch gibt es auf das Pappkärtchen einen Stempel. Den achten, zehnten oder zwölften Haarschnitt oder Kaffee gibt es gratis. Der Rabatt beträgt somit zwischen 8,3 und 12,5 Prozent – so viel bietet keines der ausgefeilten Rabattsysteme. „Anonym, einfach und hochprozentig“, lobt Döhler.

Bei Payback und Co. bleibt dagegen niemand unerkannt. Denn gesammelt wird auf zwei Seiten: Rabatte auf der einen, Kundendaten auf der anderen. 32 der 36 getesteten Rabattsysteme sind technisch sogar in der Lage, Adressen und Kaufverhalten zu verknüpfen und Kundenprofile zu erstellen. „Dass die Unternehmen dies tun, dafür haben wir keine Hinweise. Es ist aber technisch möglich“, warnt Döhler. Deshalb raten Datenschützer, nur den Namen und die Adresse preiszugeben, Hobbies und Einkommenshöhe haben niemanden zu interessieren (siehe Interview).

Übrigens, es gibt sie doch, die überzeugten Kundenkarten-Verweigerer: Ein Engländer hatte es so satt, ständig die gleiche Frage – „Haben Sie eine Kundenkarte?“ – gestellt zu bekommen, dass Peter Looby die Antwort „No, I haven’t got a f**king loyalty card“ auf ein T-Shirt druckte. Ebenso genervte Verbraucher danken es ihm. Mehr als 2500 T-Shirts hat er bereits verkauft.

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