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Wirtschaft: Feilschen um jede Krone

Das Internet hat den Wettbewerb um Zahnbehandlungen verschärft. Das ist gut für Patienten. Und schlecht für Zahnärzte

Ebay kennt fast jeder. Dass man neben gebrauchten Ikea-Küchen, WM-Souvenirs und Schweizer Uhren aber auch Zahnkronen und Goldinlays inklusive Zahnarztbehandlung im Internet ersteigern könnte, auf die Idee ist Holger Lehmann erst vor eineinhalb Jahren gekommen. „Ich hab’ schon immer gedacht, dass es billiger geht“, sagt der 35-jährige Betriebswirt, auch nach eigenen Erfahrungen mit Zahnarztrechnungen. Er wusste nur nicht wie. Als er dann las, dass deutsche Zahnärzte auf Mallorca im Internet günstige Zahnbehandlungen offerierten, wusste er es plötzlich. Er kündigte und gründete das Auktionsportal www.2te-zahnarztmeinung.de. Auf diesem Internet-Marktplatz, der inzwischen einige Nachahmer gefunden hat, können sich Zahnärzte gegenseitig im Preis unterbieten. Für den Patienten lohnt sich der Wettbewerb: Kronen, Brücken, Implante und Zahnprothesen gibt es hier bis zu 60 Prozent billiger, wie die Stiftung Warentest herausgefunden hat.

Beim Zahnersatz müssen Verbraucher kräftig draufzahlen, seit die Kassen für Zahnersatz nur noch einen Festzuschuss bezahlen, der sich am Befund des Zahnarztes orientiert. Die Kosten, die Patienten privat zuzahlen, sind im vergangenen Jahr um mehr als 50 Prozent gestiegen. Teuer wird alles, was über die Standardbehandlung hinausgeht. Viele Patienten schieben Zahnbehandlungen inzwischen auf – aus Angst vor zu hohen Kosten.

Wer sparen will, kann mit Hilfe von Internetauktionen auf die Suche nach kostengünstigeren Behandlungsalternativen gehen. Ausgangspunkt ist der Heil- und Kostenplan des eigenen Zahnarztes. „Je teurer die Material- und Laborkosten sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sparen kann“, sagte Anke Scheiber, die bei Stiftung Warentest das Projekt geleitet hat. Diese Kosten können bis zu 65 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Weniger Spielraum gibt es bei den zahnärztlichen Honoraren, weil das gesetzliche Mindesthonorar nicht unterschritten werden darf.

Für den Test ließen sich die Prüfer auf drei verschiedenen Internetportalen registrieren und gaben jeweils die Heil- und Kostenpläne von Zahnärzten ein (siehe Kasten) . Innerhalb einer bestimmten Frist konnten Zahnärzte dann für die gleiche Leistung billigere Gebote abgeben. Das Einzugsgebiet können die Patienten selbst angeben. „Je größer es ist, desto mehr Gebote werden Sie erhalten, desto größer ist auch die Preiskonkurrenz unter den Zahnärzten“, raten die Warentester. Die Patienten können später immer noch entscheiden, ob sie für eine günstige Zahnbehandlung auch von Berlin nach Hamburg fahren würden oder sich lieber im Kiez behandeln lassen.

Der Patient kann mit dem Angebot aus dem Internet auch zum ersten Zahnarzt gehen und versuchen, den Preis herunterzuhandeln. „Die Marktmacht der Patienten wird dadurch gefördert, der Druck auf die Zahnärzte erhöht“, sagt Portalbetreiber Lehmann.

Kommt die Behandlung per Internet zustande, zahlt der ausführende Zahnarzt einen Teil seines Honorars an den Auktionator. Für den Patienten wird eine Vermittlungsgebühr fällig, die von den Gesamtkosten abhängt.

Wie viel Spielraum bei den Preisen noch ist, zeigt das Testergebnis: Eine Kronen- und Inlay-Versorgung, die erst 4133 Euro kosten sollte, wurde für 1950 Euro angeboten, eine Versorgung mit vier Implantaten, für die der erste Zahnarzt 7496 Euro haben wollte, bot ein Konkurrent im Internet für 3699 Euro an.

Die Angebote sind zwar nicht verbindlich, entsprechen aber in den allermeisten Fällen dem späteren Preis, sagt Lehmann. Der Druck auf die Zahnärzte ist groß: Nach der Behandlung gibt jeder Patient eine Bewertung ab, die ebenfalls ins Internet gestellt wird. Wer sich nicht an die Abmachungen hält, fliegt schnell auf.

Maren Peters

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