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Wirtschaft: Rechtzeitig aussteigen

Wer eine günstigere Kfz-Haftpflicht- oder Kaskoversicherung will, muss bis zum 30. November kündigen

Sind Sie Beamter? Fahren Sie einen Neuwagen? Lassen Sie niemand anderen hinter das Steuer? Sind Sie ein besonders zuverlässiger Autofahrer, der seit 25 Jahren keinen Unfall mehr gebaut hat? Und haben Sie etwa auch noch eine Garage, ein freistehendes Haus, ein kleines Kind? Dann sind Sie der absolute Lieblingskunde der deutschen Autoversicherer. Menschen wie Sie bekommen die Haftpflicht- und Vollkasko-Police praktisch umsonst.

Für viele dieser Kunden, die von den Versicherern als „gute Risiken“ eingeschätzt werden, wird es jetzt sogar noch billiger. Im September eröffnete Deutschlands größter Autoversicherer, die Allianz, eine neue Preisrunde. Mit gezielten Rabatten werben die Münchener um Beamte, Wenigfahrer und Garagenbesitzer. „In Einzelfällen können diese Kunden um bis zu 30 Prozent profitieren“, sagt Allianz-Sprecher Christian Weishuber. Das gilt allerdings nur für Autobesitzer, die ihre alte Police jetzt kündigen und neu zur Allianz wechseln. „Altkunden sollten sich von ihrem Vertreter ausrechnen lassen, ob sie durch den neuen Tarif Geld sparen und dann notfalls den alten Vertrag kündigen“, rät Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV). Wer dann wieder bei der Allianz unterschreibt, gilt als Neukunde. Kündigen muss man bis zum 30. November.

Aber auch die Konkurrenz schläft nicht. Als Reaktion auf die Allianz-Offensive hat der Branchenzweite, die Huk- Coburg, ihren neuen Kasko- und Haftpflichttarif vom 1. Januar 2005 auf den 1. November 2004 vorgezogen. Auch bei der Huk, die traditionell viele Mitglieder aus dem öffentlichen Dienst versichert, genießt diese Klientel Preisvorzüge. Dennoch will man in Coburg das Wort „Preiskampf“ nicht in den Mund nehmen. Das „wäre übertrieben“, betont Huk-Sprecher Holger Brendel.

Anders als in den 90er-Jahren, als sich die Versicherer mit einem desaströsen Preiswettbewerb tief in die roten Zahlen getrieben hatten, werden die Rabatte jetzt zielgenauer verteilt. „Wir bemühen uns um die guten Risiken“, bestätigt Christian Weishuber von der Allianz. Im Gegenzug drohen den Kunden, die „schlechte Risiken“ darstellen, Preiserhöhungen. „Es kann sein, dass einige mehr bezahlen“, räumt Weishuber ein. Als „schlechte Risiken“ gelten Fahranfänger, Vielfahrer und Autobesitzer, die auch andere mit ihrem Pkw fahren lassen.

„Die Kfz-Versicherer haben nichts zu verschenken“, weiß auch Verbraucherschützer Rudnik, „bei den meisten Gesellschaften gibt es keinen großen Spielraum für Beitragssenkungen“. Allerdings kann man durch einen Wechsel der Versicherungsgesellschaft viel Geld sparen. „Die Unterschiede sind gewaltig“, sagt Rudnik, „die teuersten Versicherer liegen um 100 bis 150 Prozent über den billigsten Anbietern“.

Das zeigen auch neueste Berechnungen der Stiftung Warentest. Die Verbraucherschützer haben sechs Modellkunden konstruiert und für diese Preisbeispiele eingeholt. In fast allen Fällen liegen zwischen dem günstigsten und dem teuersten Angebot mehr als 100 Prozent Differenz. Besonders eklatant sind die Preisunterschiede bei Fahranfängern. 2675 Euro verlangte die Arag im Jahr, der teuerste Anbieter berechnete dagegen stolze 6824 Euro. Bei der Kasko-Versicherung sieht die Sache ähnlich aus.

Während die Kfz-Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist, ist eine Kasko-Versicherung freiwillig. Ob diese Zusatzpolice sinnvoll ist, müsse sich jeder selber fragen, sagt Thorsten Rudnik, und zwar so: „Wie hoch ist der Restwert des Autos und könnte ich es finanziell verkraften, wenn das Fahrzeug gestohlen würde oder ich es vor einen Baum fahre?“ Teure Autos werden daher tendenziell länger vollkasko-versichert als billige.

Der Kunde hat die Wahl zwischen einer Teilkasko-Versicherung, die Schäden durch Diebstahl, Brand, Sturm, Hagel und Wild abdeckt sowie einer Vollkasko-Police, die darüber hinaus auch noch bei selbst verschuldeten Unfällen (leichte Fahrlässigkeit) und Vandalismus einspringt. Für Autofahrer, die einen hohen Schadenfreiheitsrabatt haben, kann es jedoch paradoxerweise billiger sein, eine Vollkasko-Versicherung abzuschließen statt sich mit der Teilkasko zu begnügen. Der Grund: In der Teilkasko gibt es keinen Schadenfreiheitsrabatt. „Wer in einer hohen Schadenfreiheitsklasse eingestuft ist, zahlt für die Vollkasko weniger als für die Teilkasko“, sagt Verbraucherschützer Rudnik.

Weitere Informationen: Finanztest 11/2004, www.bundderversicherten.de, www.fss-online.de, www.gdv.de

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