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Wirtschaft: „Umfassend stärkere Rechte sind nötig“

EU-Politiker Stockmann über Pflichten der Bahnen

Herr Stockmann, welche Hilfe können Bahnkunden vom Europaparlament erwarten?

Die Passagierrechte müssen umfassend gestärkt werden. Gesetzliche Regelungen muss es sowohl für den grenzüberschreitenden als auch den nationalen Verkehr geben. Es darf nicht sein, dass ein Kunde, der mit dem Zug von Frankfurt am Main bis Köln fährt, anders behandelt wird als jemand, der etwa bis Brüssel durchfährt.

Welche Entschädigungen sind geplant?

Ab 60 Minuten Verspätung sollten 25 Prozent des Fahrpreises erstattet werden, bei mehr als 120 Minuten 50 Prozent. Das Ticket sollte aber mindestens 16 Euro gekostet haben, sonst lohnt sich der Verwaltungsaufwand nicht.

Die Unternehmen setzen auf Gutscheine, Fahrgastverbände fordern Barauszahlung.

Eine Entschädigung per Gutschein halte ich für möglich. Grundsätzlich sollte aber der Passagier entscheiden können. Bei Fahrgästen aus dem Ausland zum Beispiel machen Gutscheine oft keinen Sinn.

Bisher gehen Kunden im Nahverkehr weitgehend leer aus. Wird das auch geändert?

Hier wird es eventuell eine Ausnahmeregelung auf fünf Jahre geben. Aber es ist ein Fernziel, den Nahverkehr mit einzubeziehen. Übrigens geht es nicht nur um Entschädigungen bei Verspätungen.

Was soll noch geregelt werden?

Die Bahnen sollen eine Beförderungspflicht für Menschen mit eingeschränkter Mobilität haben wie zum Beispiel Behinderte oder Ältere. Auch die Buchungen müssen einfacher werden. Überall in Europa muss ich ein Ticket für jede Strecke kaufen können.

Wann ist es so weit?

Geplant ist eine EU-Verordnung, die sofort bei Inkfrafttreten in den einzelnen Mitgliedsländern gilt. Wir hatten die zweite Lesung im Europaparlament, jetzt muss der Rat reagieren. Wenn er akzeptiert, dann könnte die Verordnung zum 1. Januar 2008 gelten. Müssen wir ins Vermittlungsverfahren, ist es allerspätestens 2009 so weit. Außer das Projekt scheitert komplett, aber das kann niemand wollen.

Deutschland hat Anfang dieses Jahres die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Bringt das zusätzlichen Schwung?

Ich erwarte, dass Deutschland das Thema vorantreibt. Dann dürften wir auch bis zum Sommer eine Einigung haben. Ist das beschlossen, gehen wir an die Binnenschifffahrt ran. Und auch die Regeln für den Luftverkehr müssen dringend novelliert werden. Da gibt es im Parlament sehr viel Kritik nach den Erfahrungen der ersten zwei Jahre.

Das Gespräch führte Bernd Hops.

Ulrich Stockmann (56) ist Abgeordneter im Europaparlament und dort Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr. Er sitzt außerdem im Landesvorstand der SPD Sachsen-Anhalts.

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