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© Kitty Kleist-Heinrich

Weltverbrauchertag: Verbraucherschützer wollen Geld von der Wirtschaft

Den Verbraucherzentralen fehlen Kapazitäten, um Bürger ausreichend zu beraten. Nun wollen sie neue Geldquellen erschließen. Auch Strafgelder - etwa von Kartellsündern - wären willkommen.

Wie lege ich mein Geld richtig an? Wie finde ich die beste Krankenkasse? Soll ich mir Sonnenkollektoren aufs Dach setzen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wenden sich viele Bürger ratsuchend an die Verbraucherzentralen. Doch die haben oft zu wenig Kapazitäten, um alle Verbraucher ausführlich und gut zu beraten. Mit einer neuen Stiftung will der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) jetzt Geld sammeln, um das Beratungsangebot auszudehnen. Das Problem: Woher das Geld kommen soll, ist noch unklar.

Am heutigen Montag ist Weltverbrauchertag. Weltweit ziehen die Verbraucherorganisationen Bilanz über ihre Arbeit. In Deutschland unterstützen Bund und Länder die 16 Verbraucherzentralen und ihren Bundesverband mit Zuschüssen. Knapp 60 Millionen Euro kommen aus verschiedenen Töpfen zusammen. „Das sind gerade einmal 43 Cent pro Einwohner, das ist zu wenig“, kritisiert VZBV-Vorstand Gerd Billen. Doch mit höheren Zuschüssen können die Verbraucherschützer angesichts der angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte nicht rechnen.

Nun soll eine Deutsche Stiftung Verbraucherschutz weitere Geldgeber bringen. Die Gründung läuft. In gut einem Monat sollen die Formalitäten abgeschlossen sein. Derzeit verfügt die Stiftung über ein Kapital von rund 70 000 Euro, 50 000 Euro kommen aus der Kasse des VZBV, 20 000 von den Mitgliedsverbänden. Billen, der auch die neue Stiftung leitet, schweben jedoch deutlich höhere Summen vor. Er vergleicht die neue Stiftung mit der Stiftung Warentest, die vom Bund in den kommenden Jahren insgesamt 50 Millionen Euro Stiftungskapital bekommen wird (siehe Kasten). „Die Stiftung Verbraucherschutz sollte in einer ähnlichen Größenordnung liegen“, sagt der Verbraucherschützer.

Mithilfe der Stiftung sollen die Beratungsangebote in den Feldern ausgebaut werden, die Verbraucher vor besonders große Probleme stellen: Gesundheit und Pflege, Finanzen sowie Informations- und Kommunikationstechnologie. Auch das Thema nachhaltiger Konsum soll eine stärkere Rolle spielen. Um das möglich zu machen, sollen sich Unternehmen, Verbände und Privatleute finanziell beteiligen. Auch der Staat soll mit ins Boot – aber indirekt. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) will sich dafür einsetzen, dass Kartellsünder die neue Stiftung mitfinanzieren. Ein Teil der Kartellbußen soll künftig in die neue Stiftung fließen, hatte die Ministerin vor wenigen Wochen im Tagesspiegel vorgeschlagen.

In der Wirtschaft möchte Billen vor allem die Branchen anzapfen, um die es bei den neuen Beratungsdiensten gehen soll: Banken, Versicherungen, Handelsunternehmen und die Krankenkassen. Doch die Resonanz ist bisher verhalten. Für eine solche Entscheidung sei es viel zu früh, heißt es bei den Unternehmen. Auch die Krankenkassen halten sich bedeckt – sie stecken derzeit mehr als fünf Millionen Euro jährlich in die unabhängige Patientenberatung, an der auch die Verbraucherzentralen beteiligt sind. Ende des Jahres läuft das Modellvorhaben aus. Wahrscheinlich wird die Patientenberatung weitergeführt, heißt es beim GKV-Spitzenverband. Ob darüber hinaus noch Geld für die neue Stiftung da sein wird, bleibt abzuwarten.

Erik Schweickert, verbraucherpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, schlägt vor, dass sich die Verbraucherschützer gezielt an solche Unternehmen wenden sollen, die sich sozialen oder ökologischen Grundsätzen verschrieben haben. Die SPD will die Stiftung dagegen mit öffentlichen Mitteln unterstützen. Vergangene Woche beantragten die Sozialdemokraten im Haushaltsausschuss des Bundestags, der neuen Stiftung je 20 Millionen Euro aus Kartellbußgeldern und Forderungsverkäufen der Deutschen Siedlungs- und Rentenbank sowie zehn Millionen Euro aus dem Etat des Verbraucherschutzministeriums zur Verfügung zu stellen.

Auf die Bußgelder der Kartellsünder hofft auch VZBV- Chef Billen. Auf rund 200 Millionen Euro summieren sich diese Geldbußen im Jahr. Auch von den Erlösen, die der Staat mit dem Emissionshandel erzielt, und von den Ökosteuereinnahmen möchte der Verbraucherschützer einen Anteil. Als weitere Einnahmequelle kämen schließlich noch die Bußgelder infrage, die Firmen für unlautere Werbung zahlen. Doch das ist nicht gerade eine üppige Einnahmequelle. Vor einem Jahr überwies der Disocunter Lidl 25 000 Euro für seine Werbung mit einem alten Testurteil – der erste und bislang letzte Fall.

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