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Panorama: 200 000 Euro für Werbung wider Willen Joschka Fischer gewinnt

gegen Springer

Zwei ehemalige Bundesminister wurden zu ungewollten Werbestars: Ex-Außenminister Joschka Fischer und Ex-Finanzminister Oskar Lafontaine. Der Axel- Springer-Verlag warb mit Fischers Gesicht für die „Welt kompakt“. Lafontaine musste für den Autoverleih Sixt herhalten. Eine Einwilligung gab es in beiden Fällen nicht. Und so klagten beide Politiker, weil sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sahen. Gestern fielen die Entscheidungen: Fischer gewann, Lafontaine verlor.

Fischer bekam vom Hamburger Landgericht 200 000 Euro zugesprochen. Springer warb mit prominenten Gesichtern aus Politik, Sport und Wirtschaft, darunter mit Angela Merkel, Klaus Wowereit – und eben auch mit Joschka Fischer. Die Köpfe waren auf den Plakaten verfremdet als Kindergesichter zu sehen. Darunter stand die Zeile: „Big News. Small Size.“ Mit dieser Anzeige habe der Axel- Springer-Verlag Fischers Rechte am eigenen Bild verletzt und zugleich in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen, so das Urteil. Deshalb sprach das Gericht Fischer eine „fiktive Lizenz“ und damit ein Honorar zu. Das Honorar berechne sich aus der Bekanntheit Fischers, seinen Sympathie- und Imagewerten sowie dem Verbreitungsgrad der „Welt kompakt“. 200 000 Euro also für Fischer.

Ähnlich sah es zunächst im Fall Lafontaine vor zwei Jahren aus: Auch Lafontaine hatte ursprünglich eine fiktive Lizenzgebühr vor dem Oberlandesgericht Hamburg erstritten – immerhin 100 000 Euro. Lafontaine war damals überraschend von allen Ämtern zurückgetreten. Daraufhin hatte der Autoverleih Sixt in einer Anzeige Fotos von 16 Mitgliedern des rot-grünen Kabinetts veröffentlicht. Das Bild Lafontaines war durchgestrichen, dann der Text: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit.“ Das Hamburger Oberlandgericht gab damals Lafontaine recht, doch Sixt ging in Berufung. Begründung: Lafontaine sei als Politiker eine Person des öffentlichen Interesses, das Foto sei nicht verändert oder bearbeitet worden. Man habe eine „spöttisch-ironische Kritik“ an seinem Rücktritt üben wollen und keineswegs die Persönlichkeit Lafontaines kommerziell genutzt.

Sixt hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof wies gestern Lafontaines Klage ab. Es handele sich um eine kommentierende Anzeige, die von der Meinungsfreiheit geschützt sei.

Wird also auch Joschka Fischer leer ausgehen, wenn der Springer-Verlag in Berufung geht? Bei Springer wartet man auf die Urteilsbegründung – und entscheidet dann über eine Berufung. Durch die Entscheidung im Fall Lafontaine sprächen aber „gute Gründe dafür, dass das Urteil des Landgerichts Hamburg keinen Bestand haben wird“, sagte ein Sprecher des Verlags. Nur: Es gibt einen feinen Unterschied. Im Fall Sixt war Lafontaines Foto einfach durchgestrichen. Bei Fischer ist das Gesicht massiv verändert. Zu einem naiven Kindergesicht.

Alice Bota

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