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Männer beim Skat. Das Foto entstand um das Jahr 1900 herum. Bis heute wird das Kartenspiel in Wirtshäusern gespielt. Doch seit dem Jahr 2000 hat es auch online im Internet seinen Siegeszug angetreten. Dem organisierten Skat fehlt aber die Jugend.

© ullstein bild

200 Jahre Skat: Das liebste Spiel der Deutschen

Vor 200 Jahren haben fünf Männer in Altenburg ein Kartenspiel erfunden. Heute wird Skat immer öfter online gespielt.

Seit 200 Jahren spielen vor allem Männer, spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg aber auch gar nicht so wenige Frauen ein sehr deutsches Kartenspiel: Skat. Drei Leute oder auch vier klopfen in Wirtshäusern, und heutzutage immer öfter virtuell im Internet Karten. Sie reizen, zählen, rechnen, stechen mit der Vorhand, der Mittelhand oder der Hinterhand. Kurt Tucholsky beschrieb das innige Verhältnis der Deutschen zu diesem im thüringischen Altenburg zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte Spiel so: „Wenn dem Deutschen so recht wohl ums Herz ist, dann singt er nicht. Dann spielt er Skat.“ Der ehemalige Korrespondent der britischen Tageszeitung „The Times“ und langjährige Tagesspiegel-Kolumnist Roger Boyes kommentierte diese Einschätzung 2010 in einem Beitrag für das Goethe-Institut mit dem Satz: „Und wie gewöhnlich hat er damit recht.“

An diesem Mittwoch und Donnerstag wird der 200. Geburtstag des Skats in Altenburg groß gefeiert. Der Skatbrunnen, das Schloss- und Spielkartenmuseum, die Spielkartenfabrik und überhaupt die ganze Stadt sind vorbereitet. Schließlich vermarktet sich der Ort seit Jahren als Skat-Stadt. Die Altenburger Spielkartenfabrik, die ihre Tradition bis ins Jahr 1509 zu den ersten Spielkartenmachern zurückführt, hätte zwar beinahe die Wende nicht überlebt. Aber inzwischen verschickt sie wieder rund vier Millionen Kartensätze im Jahr in alle Welt.

Trotzdem ist Skat ein nahezu ausschließlich deutsches Spiel geblieben. Ute Modrow, Pressesprecherin des Deutschen Skatverbands, sagt: „Die meisten Spieler im Ausland sind Deutsche, die ausgewandert sind.“ Markus Riehl, Gründer und Betreiber einer der ältesten Online-Plattformen für das Skatspiel (Skat-online.com) bestätigt diese Erfahrung. Die meisten Spieler, sagt er, seien in klassischen Auswandererländern wie den USA oder Kanada mit dabei. Wenn sich Spieler aus Thailand oder von anderswo einmischten, seien das häufig Leute „auf Montage“. Der größte Landesverband abgesehen von Deutschland in der International Skat-Players Association (Ispa) ist Polen. Deshalb haben Riehl und seine Mitstreiter ihr Online-Skat auch ins Polnische übersetzen lassen. „Das wird sehr gut angenommen“, sagt Riehl.

Obwohl Skat als Online-Spiel ebenfalls sehr erfolgreich ist, wie Axel Schmidt, Sprecher der Berliner Online-Plattform Game-Duell, sagt, hat das Kartenspiel ein Generationenproblem. Ute Modrow redet gar nicht darum herum, dass dem Deutschen Skatverband zunehmend die Mitglieder abhanden kommen. Zwar soll es in Deutschland noch immer rund 20 Millionen Skatspieler geben – die Zahl ist eine Schätzung –, davon etwa eine Million Frauen. Doch nach dem Mitgliederhöchststand von rund 35 000 direkt nach der Vereinigung der west- und ostdeutschen Skatverbände ist die Zahl inzwischen auf rund 26 000 gefallen. In den vergangenen fünf Jahren, sagt Modrow, sogar ziemlich dramatisch. Allerdings sei sie in den vergangenen zwei Jahren ziemlich stabil geblieben. Mit Game-Duell zusammen veranstaltet der Deutsche Skatverband übrigens seit 2006 mit dem Skat Masters das „weltgrößte Skatturnier“, wie Schmidt betont. Ute Modrow hofft, dass der eine oder andere Onlinespieler auf den Geschmack kommt, um das zu tun, was sie bevorzugt: „Wir beschäftigen uns live mit den Karten.“ Im Internet gehe die ganze Mimik verloren. Andererseits spielen auch viele in Vereinen organisierte Skatspieler zusätzlich auch noch online ihr liebstes Kartenspiel. Der älteste Nutzer bei Skat-Online ist nach Einschätzung von Markus Riehl ein Spieler, „der Mitte 90 sein dürfte“. Diesem Spieler hätten sie schon vor Jahren eine Tastatursteuerung für das Skatspiel eingerichtet, „weil er Probleme hatte, die Maus zu bedienen“.

20 Jahre lang stritten sich der Deutsche Skatverband und die Ispa über die Spielregeln

Zwischen 1976 und 1996 haben sich der Deutsche Skatverband und der neu gegründete internationale Verband Ispa so sehr gestritten, dass sogar eine Doppelmitgliedschaft verboten wurde. Grund: Man konnte sich nicht über einige Regelauslegungen einigen. Dabei gibt es seit 1927 ein Deutsches Skatgericht, das genau für solche Zweifelsfälle zuständig ist. Seit 1999 sitzt Peter Luczak dem deutschen, seit 2002 auch dem internationalen Skatgericht vor. Gemeinsam mit sechs weiteren Skatrichtern bildet er Schiedsrichter aus und entscheidet über Regelauslegungen. Rund 400 Anfragen erreichen ihn jedes Jahr, berichtet Luczak. Beim Skatkongress, der alle vier Jahre stattfindet, werden Regeländerungen, „die das Spiel schneller machen“ oder aus anderen Gründen vorgeschlagen werden, beschlossen.

Die beiden Weltkriege haben das Skatspiel weiter verbreitet. Die Soldaten hatten an der Front oder in Gefangenschaft oft Zeit – und Langeweile. Also haben sie Skat gespielt. Als 1950 der westdeutsche Skatverband gegründet wurde, sagte sein damaliger Vorsitzender Franz Laudann: „Wir kennen keine Zonengrenzen!“ So zitiert ihn zumindest die „Zeit“ am 23. November 1950. Die DDR-Oberen sahen das anders. Dort dauerte es einige Jahre länger, bis aus Altenburg wieder die Skat-Stadt werden durfte. „Drei Spieler, die sich untereinander kannten und vertrauten, konnten sich ziemlich sicher sein, nicht von einem Stasispitzel unterlaufen zu werden“, schreibt Roger Boyes.

Ute Modrow und ihre Mitstreiter im Deutschen Skatverband müssen nun hoffen, dass das Online-Skat ihnen nach und nach zumindest so viel Nachwuchs zuführt, dass das Spiel nicht ausstirbt. Die Stammkneipe des früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau wird jedenfalls schon den 200. Geburtstag des Kartenspiels verpassen. 2011 schloss das Wuppertaler Haus Richter, in dem Rau nach Informationen der Westdeutschen Zeitung „33 Jahre lang mittwochs und sonntags Skat gespielt hat“, für immer. Inhaber Helmut Diederichs begründete seine Entscheidung vor zwei Jahren mit dem Rauchverbot. In Altenburg wird inzwischen übrigens vor allem in Gartenlokalen Skat geklopft.

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