zum Hauptinhalt

Panorama: 33 Bergleute in Russland gerettet

Zwei Tage nach dem schweren Grubenunglück werden noch 13 Arbeiter vermisst – Einsatzkräfte hoffen, dass sie sich in einer weiteren Luftblase befinden

Schneller als selbst Optimisten hofften, arbeiteten sich die Rettungsmannschaften zu den Bergleuten vor, die seit Donnerstagabend in siebenhundert Meter Tiefe eingeschlossen waren. Ein dreihundert Meter höher gelegener unterirdischer See hatte die Abstützungen durchbrochen, mit hundert Stundenkilometern ergossen sich die Wassermassen in den Flöz, wo zum Zeitpunkt der Katastrophe 71 Bergleute arbeiteten. 25 konnte sich retten, bevor das Wasser ihnen den Fluchtweg versperrte. Von den restlichen 46 wurden 33 am Samstag geborgen.

Die sichtlich erschöpften Männer wurden von Angehörigen und Freunden mit Jubel empfangen und in das Krankenhaus von Nowoschachtinsk gebracht. Die meisten sind nur leicht verletzt. Die rund 500 Retter, darunter auch auf Grubenunglücke spezialisierte Einheiten des Ministeriums für Katastrophenschutz, mussten sich weitgehend ohne Technik den Weg zu den Eingeschlossenen bahnen und auf Sprengungen der Geröllmassen verzichten, um die Explosion von Grubengas zu vermeiden.

13 Bergleute wurden gestern Abend noch vermisst. Die Retter hoffen, dass sie sich in einer weiteren Luftblase aufhalten. Gesicherte Informationen gibt es jedoch nicht, denn zu den Vermissten besteht keinerlei Kontakt. Experten gehen davon aus, dass die Eingeschlossenen insgesamt höchstens zwei Tage ohne zusätzlichen Sauerstoff überleben können. Erst am Freitagabend war es gelungen, den Wassereinbruch zu stoppen. Dazu hatten die Rettungsmannschaften pausenlos Geröll, Kies und eine Zementmischung in die Bruchstelle gekippt.

Die Grube „Sapadnaja" in der Gegend von Rostow, wo sich das Unglück ereignete, gehört zum Kohlerevier von Rostow am Don und ist bereits 65 Jahre alt. Sie zählt momentan zu den ertragreichsten, aber auch zu den gefährlichsten. Schon im Februar verursachte der unterirdische See eine ähnliche Katastrophe, nur durch glückliche Umstände gab es damals keine Opfer. Unmittelbar danach bekam die Zechenleitung strenge Auflagen, die Sicherheit der Gruben zu verbessern. Ein Vorhaben, dass ohne größere staatliche Intervention nicht zu stemmen ist. Seit der Privatisierung Mitte der Neunziger wurstelt sich die russische Kohleindustrie hart am Rande des Bankrotts durch die Marktwirtschaft. In der Kommandowirtschaft wurden, dank eines straff organisierten zentralen Verteilungssystems und staatlicher Stützungen, auch unrentabel arbeitende Gruben ihre Kohle zu staatlichen Festpreisen los. Jetzt können die Kraftwerke ihre Lieferanten selbst aussuchen, meistens Zechen in der Ukraine oder in Kasachstan, die, weil dort die Löhne noch niedriger sind als in Russland, ihre Kohle zu Dumpingpreisen auf den Markt bringen können. Ohne eigene Marketing-Erfahrung engagiert die rote Direktorengarde zudem gern Vermittler für den Verkauf, die bis zu 40 Prozent der Erlöse kassieren. Fast im Wochentakt kommt es daher in den russischen Kohlegruben zu größeren oder kleineren Unglücken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false