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Panorama: Alarm in Belgien Auch in Berlin herrscht Gefahr

Nach der Explosion einer Gasleitung standen drei Fabriken in Flammen – eine Region im Notstand

30 km südlich der belgischen Hauptstadt ist die Autobahn, die über Ath ins südbelgische Industriegebiet führt, in beide Richtungen gesperrt. Doch das Katastrophengebiet ist von weitem erkennbar, dichter Rauch hängt über der Landschaft, vereinzelt glühen noch Brandherde, ausgebrannte Autowracks liegen am Wegesrand. Überall suchen Helfer nach Verletzten und Verschütteten. Über dem Unglücksgebiet kreisen Miltärhubschrauber, allein fünf belgische Helikopter hat Verteidigungsminister Andre Flahaut kurzerhand in Richtung Ath abkommandiert. Nicht nur das auf schwerste Verbrennungen spezialisierte Militärhospital am Brüsseler Stadtrand ist in Alarmbereitschaft, auch entsprechende Einrichtungen in Nordfrankreich halten sich bereit. Von dort hat sich schon um elf Uhr vormittags eine Kolonne von elf Ambulanzwagen in Gang gesetzt. Am Unglücksort haben die Franzosen ein komplettes Feldlazarett aufgebaut.

Es begann damit, dass Beschäftigte einer Diamantenfirma in Ghislenghien (Gellingen) südwestlich von Brüssel, für die eine Baufirma auf dem Firmengelände Arbeiten durchführte, heftigen Gasgeruch wahrgenommen hatten. Daraufhin, so berichtete später der Direktor des Industriegebiets, habe die Feuerwehr das Gelände abgesperrt. Ungefähr zur gleichen Zeit gab die Antwerpener Firma Fluxys bekannt, in der von ihr verwalteten Erdgasleitung, die vom flämischen Hafen Zeebrugge in Richtung französische Grenze führe, sei ein Leck aufgetreten. Eine halbe Stunde später kam es auf dem Gelände in Gellingen zur ersten Explosion. Diese sei bei Versuchen, das Leck zu dichten, ausgelöst worden, erklärte der wallonische Umweltminister Benoit Lutgen.

Nähere Details könne man aber erst nach umfangreicheren Ermittlungen bekannt geben. Provinzpräfekt Guy Petit teilte mit, die Explosion sei von Bauarbeitern ausgelöst worden, die die Pipeline bei Erdarbeiten durchbohrt hätten.

Die Explosion riss einen gewaltigen Krater in das Unglücksgebiet und schleuderte nach Augenzeugenberichten Menschen mehrere hundert Meter weit durch die Luft. Sie wurde von Zeugen noch mehrere Dutzend Kilometer weit vernommen. Ein nahe liegendes Gebäude des Elektrizitätsbetriebs Electrabel wurde komplett zerstört, auch zwei nahe gelegene Fabriken gingen in Flammen auf. Nach Angaben des Direktors des Gewerbegebiets hätten dort zu diesem Zeitpunkt etwa 200 Personen gearbeitet. Nach Auskunft der Rettungsdienste sind bei der Explosion auch Schaulustige umgekommen, die sich dem Leck genähert hatten. Zu den Todesopfern gehören auch Feuerwehrleute und Polizisten sowie Angestellte von Electrabel, die zum Zeitpunkt der Explosion in ihrer Firma waren. Das belgische Gesundheitsministerium bezifferte die Zahl der Todesopfer am Freitag auf 14.

Klaus Bachmann[Brüssel]

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