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Europa blieb am Sonntag fast überall gesperrt. Doch während sich in Barcelona viele ihrem Schicksal ergaben und sich abzulenken wussten (kleines Bild links), versuchten andere mit dem Zug an ihren Zielort zu gelangen (rechts). Ohne Schlangestehen kam allerdings auch auf deutschen Bahnhöfen kaum jemand ans Ziel – ob am Serviceschalter oder vor dem Einsteigen auf dem Bahnsteig. Fotos: dpa (2), AFP

© AFP

Aschewolke über Europa: Warten statt starten

Wie Spanienurlauber die Ferienverlängerung erleben – und Bahnreisende das Schlangestehen lernen.

Des einen Leid, des anderen Freud. Während zehntausende Urlauber auf der spanischen Ferieninsel Mallorca festsitzen und nicht heimfliegen können, machen die Hotels rund um den Airport von Palma gute Geschäfte. Die Herbergen in der Inselhauptstadt und an der Playa de Palma sind rappelvoll. Mit Gästen, die ihren Inselaufenthalt zwangsweise wegen der Vulkanaschewolke aus Island verlängern müssen.

Findige Hoteliers teilen in der Abfertigungshalle von Palmas Flughafen Visitenkarten und Flugblätter aus. „Übernachtung für 20 Euro inklusive Frühstück“, lautet ihr Dumpingangebot. Auf der großen Anzeigetafel in der Abflughalle blinkt hinter allen Flügen in gelber Schrift das Unheil verkündende Wort „cancelado – abgesagt“ auf.

Am Sonntag ging auch auf dem Flughafen Mallorcas, dem größten Urlauberdrehkreuz Südeuropas, nichts mehr. Die Aschewolke aus Island hatte auch Nordspanien und die im Mittelmeer liegenden Baleareninseln erreicht. Der Ferienflughafen, auf dem schon seit Tagen der Verkehr Richtung Nordeuropa weitgehend unterbrochen war, wurde von Sonntagmittag 12 Uhr an komplett gesperrt – genauso wie 16 weitere nordspanische Flughäfen.

„Wir sitzen in der Mausefalle“, berichtet entnervt ein deutscher Rentner, braungebrannt, mit seiner Frau im Schlepptau. Sie sollten eigentlich von Palma nach Barcelona, aufs spanische Festland ausgeflogen werden, um von dort mit dem Bus in die Heimat zu fahren. Auch das geht jetzt, nach der Vollsperrung des Flughafens auf Mallorca, nicht mehr. Nur per Fähre konnte die spanische Küste noch erreicht werden, die Schiffe sind allerdings ausgebucht.

Ziellos schiebt der Deutsche den Gepäckkarren durch die Halle, sucht händeringend Hilfe. Lange Schlangen vor den Schaltern signalisieren, dass tausende Urlauber ähnliche Probleme haben. „Die Touristen sollten in ihren Hotels bleiben und dort auf neue Informationen warten“, rät ein Airport-Sprecher.

Wer einen Pauschalurlaub gebucht hatte und auf Mallorca festhängt, kann hoffen, dass sein Reiseveranstalter ihm ein Notquartier besorgt. So sagte die Tui zu, für gestrandete Kunden die Hotelübernachtung von Sonntag auf Montag zu übernehmen. Somit fielen alle Übernachtungen seit Donnerstag unter die Kulanzregelung, hieß es beim größten deutschen Reiseveranstalter.

Individualreisende müssen auf eigene Faust ihr Glück suchen. „Wir sind seit 24 Stunden hier“, klagt ein junger Brite mit rotgeränderten Augen. Er hat mit seinen Freunden auf den Wartebänken sein Lager aufgeschlagen. „Langsam geht uns das Geld aus.“ Wer tatsächlich nicht mehr weiter weiß, dem bleibt nur, sich an die jeweilige Botschaft seines Landes oder ein Konsulat zu wenden. Das Auswärtige Amt in Berlin wies am Sonntag alle Auslandsvertretungen an, „der konsularischen Betreuung der vom Flugchaos betroffenen Bundesbürger höchste Priorität einzuräumen“, wie es in einer Mitteilung hieß. Praktisch bedeutet dies, dass Urlaubern unter anderem mit Geld oder einem Quartier ausgeholfen wird.

Bis Sonntagmittag waren von Palma noch Flüge aufs spanische Festland möglich. Der Reiseveranstalter Tui hatte in der Nacht zum Sonntag noch 540 deutsche Mallorca-Urlauber nach Barcelona geflogen. Von dort ging es dann mit einem Buskonvoi nach Frankfurt. Fernzüge scheiden aus, da die Eisenbahner im benachbarten Frankreich streiken.

Allein am Sonntag mussten mehr als 400 Flüge von und nach Mallorca gestrichen werden. Seit Freitag sind es bereits über 800 Flugabsagen. Die Zahl der auf der Insel gestrandeten Feriengäste wird inzwischen auf annähernd 50 000 geschätzt, vor allem Deutsche und Briten.

Der Flugverkehr in
Der Flugverkehr in

© dpa

Auf den Kanarischen Inseln sah es am Wochenende nicht viel besser. Dort sind die Flughäfen zwar noch offen, aber Richtung Nordeuropa geht ebenfalls seit Tagen nichts mehr. Gut 1000 Flüge mussten am gesamten Wochenende gestrichen werden. Vor allem auf Gran Canaria, Teneriffa und Fuerteventura sitzen ebenfalls zehntausende Feriengäste fest. Auch Gran-Canaria-Urlauber würden aufs spanische Festland geflogen, um dort Busse Richtung Heimat zu besteigen, teilte die Tui mit. Malta-Urlauber würden nach Sizilien geflogen, wo ebenfalls Busse auf die Urlauber warteten.

Vielen deutschen Urlaubern steht also eine ähnliche Odyssee bevor wie der Delegation von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mehrere Tage für die Rückreise aus den USA benötigte und ebenfalls weite Strecken mit dem Bus zurücklegte.

Entschleunigt.
Entschleunigt.

© dpa

Bahnreisenden erging es am Wochenende freilich nicht besser: Hoffnungslos überfüllte Züge, dichtes Gedränge in den Bahnhöfen, ewig lange Schlangen an den Serviceschaltern – so lautete am Sonntag der Lagebericht von den meisten deutschen Bahnhöfen. Am Berliner Hauptbahnhof bildete sich bereits am frühen Sonntagmorgen eine Schlange von mehr als 100 Metern vor den Servicecentern. An den meisten Koffern hingen noch die Schilder der Fluggesellschaften. „Das ist alles eine Katastrophe“, sagt ein etwa 50-jähriger Mann, der eigentlich nach Frankreich fliegen wollte und jetzt eine Zugverbindung sucht. Wie auch andere europäische Bahnunternehmen versucht die Deutsche Bahn, einen Ausgleich für die gestrichenen Flugverbindungen zu schaffen. Doch die Möglichkeiten sind offenbar begrenzt: Mit Blick auf den Pendlerverkehr am Montag riet ein Bahnsprecher: Wer aber am Montagmorgen nicht unbedingt müsse, solle Zugfahrten vielleicht auf den Mittag verlegen. mit dpa

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