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Türkei: Atatürk-Jacht wurde zum schwimmenden Bordell

Ein nationales Heiligtum wurde entehrt: Türkische Ermittler haben an Bord einer historischen Jacht von Staatsgründer Atatürk mehrere Geschäftsleute festgenommen, die sich dort mit einem Dutzend zum Teil minderjähriger Mädchen und Frauen vergnügten.

Viel schlimmer hätte es für die Anhänger des türkischen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk nicht kommen können. Die historische Jacht "Savarona", auf der Atatürk die letzten Wochen seines Lebens verbrachte und die so etwas wie ein nationales Heiligtum ist, soll als schwimmendes Edel-Bordell benutzt worden sein. "Schämt euch was", titelte eine türkische Zeitung am Mittwoch.

Die Türkei kaufte die 1931 in Hamburg gebaute "Savarona" im Jahr 1938, dem Todesjahr Atatürks. Der Staatsgründer empfing an Bord ausländische Gäste, hielt Kabinettsitzungen ab und wohnte in den Monaten vor seinem Tod im Istanbuler Dolmabahce-Palast auf der im Bosporus vertäuten Jacht. Ende der 1980er Jahre pachtete der türkische Geschäftsmann Kahraman Sadikoglu das schmucke, aber heruntergekommene weiße Schiff mit den zwei markanten Schornsteinen für 49 Jahre vom Staat und ließ es aufwändig modernisieren. Seitdem können auch Privatleute auf der mit mehr als einem Dutzend Luxus-Suiten ausgestatteten "Savarona" herumschippern - für eine Tagesmiete von 50.000 Dollar.

Einer Stammkunden für die Jacht ist der kasachische Unternehmer Tevfik Arif, der das Schiff jedes Jahr um diese Zeit für eine Woche mietet, wie "Savarona"-Betreiber Sadikoglu der türkischen Presse sagte. Arif soll diesmal noch ein halbes Dutzend andere Unternehmer sowie rund 15 zum Teil minderjährige Begleiterinnen aus Russland und der Ukraine mit an Bord gebracht haben. Sadikoglu kann daran nichts Ungewöhnliches finden. "Der brachte immer acht bis zehn Frauen mit", sagte er über den kasachischen Mieter der Jacht. "In die Hotels kommen die Leute doch auch immer mit Frauen."

Ganz so entspannt wie Sadikoglu sahen die türkischen Behörden die Sache nicht. Durch einen anonymen Anrufer über den Bordell-Verdacht alarmiert, observierten die Ermittler das Schiff und seine Gäste. Am Dienstag mittag umkreisten dann plötzlich fünf Boote der Küstenwache die "Savarona", die in der malerischen Bucht von Göcek im Südwesten der Türkei vor Anker lag. Die außerhalb der großen Städte für Polizeiaufgaben zuständige Gendarmerie nahm die Geschäftsleute und die jungen Mädchen auf dem Schiff fest. Weitere Verdächtige wurde unter dem Verdacht der Zuhälterei in Antalya und Istanbul festgenommen.

Die Türken vermuten, dass eine organisierte Bande junge Mädchen für gut zahlende Kunden auf die "Savarona" schaffte. An der Razzia nahmen deshalb auch Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM) teil, einer Institution mit 127 Mitgliedsstaaten, die sich unter anderem der Bekämpfung des Menschenhandels widmet. Die elf auf der "Savarona" aufgegriffenen Frauen und Mädchen wurden laut Presseberichten zunächst in Gewahrsam genommen; ob sie mit strafrechtlichen Schritten zu rechnen haben, war zunächst nicht bekannt. Die Ermittlungen gegen die mutmaßliche Bande seien noch nicht abgeschlossen, hieß es.

Nun ist die Empörung groß. "Prostitution auf Atatürks Jacht", schimpfte eine Zeitung. Sadikoglu wiederum gibt dem türkischen Staat die Schuld an der Misere. Die Republik hätte das Schiff eben zum Museum machen und finanzieren sollen, sagte er. Als Unternehmer müsse er sehen, dass seine Ausgaben gedeckt würden. "Wir haben das Schiff ja nicht als Museum übernommen," wurde Sadikoglu zitiert. "Wer dann mit wem an Bord kommt - da mische ich mich nicht ein."

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