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AKW Japan

© dpa

Atomkraft: Störfall auch in Japan

Der Betreiber des größten Atomkraftwerks der Welt hat versucht, gefährliche Pannen zu verheimlichen.

Auch die japanische Atomenergie macht Schlagzeilen: Als am Montag ein Erdbeben der Stärke 6,8 die japanische Präfektur Niigata erschütterte, schalteten sich dort – wie es die Sicherheitsvorschriften vorsehen – die drei laufenden Blöcke und ein vierter, gerade startender Block automatisch ab. Drei weitere Siedewasserreaktoren waren zu diesem Zeitpunkt außer Betrieb, weil Wartungsarbeiten fällig sind. Es ist das leistungsstärkste Atomkraftwerk der Welt. Zusammen haben die sieben Siedewasserreaktoren im Kashiwazaki-Kariwa-Kernkraft-Komplex eine Leistung von 8212 Megawatt, auf einem Fleck ist dort fast die Hälfte der Leistung aller deutschen Atomkraftwerke installiert.

Während das Abschalten klappte, liefen während des Erdbebens unter bisher nicht geklärten Umständen aus einem Kühlbecken für gebrauchte Brennstäbe 1200 Liter Wasser aus. Im Wasser sei mit 60 Kilo-Becquerel einige Radioaktivität enthalten, berichtete der Online-Informationsdienst zu Kernenergiethemen WNN (World Nuclear News). Der Kraftwerksbetreiber Tokyo Electric Power Company (TEPCO) erklärte, dass dieses Wasser entsprechend den japanischen Umweltvorschriften in das nahe gelegenen Meer geflossen sei. Laut WNN kippten auch mehrere Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen um, bei einigen von ihnen öffneten sich die Deckel. Während dieser Pannen begann auch ein Transformator einer der zu Beginn des Bebens abgeschalteten Reaktoren zu brennen, und in einem anderen Block bildete sich ein Leck, aus dem geringe Mengen radioaktives Kobalt-60 und Chrom-51 austraten. TEPCO teilte diese Pannen nur mit einiger Verzögerung der Öffentlichkeit mit. Verärgert wies die Regierung den Betreiber an, die Vorgänge genau zu untersuchen und die Blöcke des stärksten Kernkraftwerks der Welt erst wieder anzufahren, wenn die Sicherheit gewährleistet ist.

Einige dieser Vorgänge erinnern nicht nur frappierend an die jüngsten Vorgänge um die Kernreaktoren Krümmel und Brunsbüttel in Norddeutschland, sondern werfen auch eine weitere Frage auf: Können Kernkraftwerke in Regionen mit häufigen starken Erdbeben überhaupt sicher betrieben werden? Auch in Deutschland gibt es Erdbeben. Bereits beim Bau müssen die Ingenieure das stärkste Erdbeben berücksichtigen, das am Standort auftreten kann, erklärt Heinz-Peter Butz von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit in Köln (GRS).

Dabei haben die Ingenieure vor allem die riesige Turbine im Blick, die Elektrizität erzeugt. Dieses viele Tonnen schwere Bauteil setzen die Ingenieure auf Rollenlager, die Erdstöße abpuffern. Wie sich eine solche flexible Bauweise verwirklichen lässt, hat schon vor Jahrzehnten das Forschungszentrum in Karlsruhe in langwierigen Experimenten ermittelt.

Die Wissenschaft liefert auch Karten, mit welchen Erdbebenstärken in den einzelnen Regionen in Japan, Kalifornien oder Deutschland zu rechnen ist, berichtet der Geophysiker Thomas Jahr von der Universität Jena. Im Erdbeben-gefährdeten Oberrheintal werden Kernkraftwerke und andere Anlagen eben erdbebensicherer als an der Unterelbe gebaut, wo Beben praktisch nicht auftreten.

Nur einen Haken hat das Sicherheitskonzept, erklärt der Kernenergiesachverständige Jürgen Kreusch von der Gruppe Ökologie in Hannover: Wie stark ein Erdbeben in einer Region am Ende sein kann und wie sicher daher das Kraftwerk gebaut werden muss, wissen auch Geophysiker nicht mit letzter Sicherheit. Bleibt ein Restrisiko.

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