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Georg-Büchner-Gymnasium Köln

© dpa

Attentatspläne in Köln: "Kranke Typen gibt es überall"

Introvertiert, ein Faible für dunkle Kleider, Verehrung für das Columbine-Massaker: Mitschüler und Polizeibeamte sehen bei den beiden mutmaßlichen Attentätern viele Anzeichen für einen typischen Schul-Amoklauf.

Angespannt und einsilbig eilten die Lehrer des Kölner Georg-Büchner-Gymnasiums am Montagmorgen an den wartenden Journalisten und Kamerateams vorbei. Während die rund 800 Schüler frei bekommen hatten, diskutierte das Kollegium darüber, wie knapp ihre Schule einem folgenschweren Attentat entkommen ist.

Noch in der Nacht hatte das Ordnungsamt das Schulzentrum im Stadtteil Weiden großräumig abgeriegelt. Zwei Schüler der zwölften Jahrgangsstufe wollten hier am Dienstag, dem ersten Jahrestag des Schul-Amoklaufs von Emsdetten, mit Lehrern und Mitschülern abrechnen. Das hatte der 18-jährige Robin G. am Wochenende bei der Polizei eingeräumt. Sein ein Jahr jüngerer Freund Rolf B. war zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Er war am Freitagmittag kurz nach einem Gespräch mit Polizei und Schulleitung vor eine Straßenbahn gesprungen. Rolf B. war zur Rede gestellt worden, weil er auf einem Internet-Forum für Schüler Bilder des Columbine-Highschool-Massakers veröffentlicht hatte.

Weiden im Kölner Westen gilt nicht gerade als Problemstadtteil, die ausgedehnten Flachbauten der Schule sind eingebettet in eine gepflegte Bungalow-Siedlung. In den Vorgärten kehrten am Montagmorgen Rentner im Nieselregen das Herbstlaub zusammen: "Wer weiß schon, was in den Köpfen der jungen Leute vorgeht", meinte einer von ihnen.

"Absolut unauffällig"

Die Frage stellt sich nun wohl auch das Lehrerkollegium. Schulleiterin Beatrix Görtner hatte beide tatverdächtige Jugendliche selbst unterrichtet. Der 17-Jährige, der sich das Leben genommen hat, sei "absolut unauffällig" gewesen, berichtete die Pädagogin.

Doch was seine Mitschüler über Rolf B. sagen, klingt ganz anders. Ein Einzelgänger sei er gewesen, mit einem ausgeprägten Interesse an Gewaltfilmen. Er habe sich eigens aus dem Internet die Bilder der Überwachungsvideos beschafft, die beim Schulmassaker an der Columbine-Highschool entstanden.

Den 18-jährigen mutmaßlichen Komplizen beschreibt Schulleiterin Görtner als sehr introvertiert mit einem Faible für dunkle Kleidung. Polizeibeamte bescheinigten ihm das typische Profil eines potenziellen Schul-Amokläufers: ein Einzelgänger mit reichlich schulischen und privaten Problemen, der sich im Unterricht gemobbt fühle. Wer von den beiden der Drahtzieher des geplanten Amoklaufs sei, müsse noch geklärt werden.

Schießübungen auf Plastikflaschen

Am Montagmorgen waren in der Nähe des Gymnasiums kaum Schüler zu sehen. Einige von ihnen hatten sich in einem nahe gelegenen Einkaufszentrum getroffen, wo sie ansonsten ihre Freistunden verbringen. "Meine Eltern sind geschockter als ich", gab sich eine 15-Jährige lässig. Es sei gut, dass andere Schüler angesichts der auffälligen Videos des 17-Jährigen rechtzeitig Alarm bei der Schulleitung geschlagen hätten: "Kranke Typen gibt es überall." Fast jeder aus ihrer Clique kenne Gleichaltrige, bei denen man fürchten müsse, "dass die irgendwann mal austicken", sagte ein 16-Jähriger. Dass die Tatverdächtigen ihren Amoklauf mit Armbrustwaffen durchführen wollten, sei "bizarr".

Ein Polizeisprecher verwies am Montag erneut auf die Gefährlichkeit dieser ungewöhnlichen Waffen. Die Jugendlichen hätten erfolgreich Schießübungen auf Plastikflaschen durchgeführt. Wie weit ihre Pläne zum Bau von Rohrbomben und Molotow-Cocktails gediehen waren, müsse noch ermittelt werden.

Am Dienstag sollten die Schüler des Georg-Büchner-Gymnasiums wieder in der Schule erscheinen, regulären Unterricht wird es allerdings nicht geben. Nach Angaben der Schulleitung wurden Notfallseelsorger und Schulpsychologen angefordert, um als Ansprechpartner der Schüler zur Verfügung zu stehen. Es werde befürchtet, dass für viele der eigentliche Schock über die verhinderte Untat noch komme.

Markus Peters[ddp]

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