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Panorama: Auf Bitten von oben

Nach dem Kinderpornoskandal in Österreich ist Bischof Krenn zurückgetreten. Er hatte die Vorgänge öffentlich verharmlost

Die Öffentlichkeit atmet auf. Im Kirchenskandal um Kinderpornografie in Österreich ist der Hauptverantwortliche unter dem Druck des Vatikans zurückgetreten. In einem Zeitungsinterview, ausgerechnet im nicht gerade als kirchenfreundlich bekannten liberalen Wiener „Standard“, erklärte der ebenso umstrittene wie streitbare Kurt Krenn, dass er als Bischof von St. Pölten zurückgetreten sei: „Ich bin ab sofort Altbischof von St. Pölten.“

Noch am Freitag, so heißt es aus St. Pölten, ist mit der Bestellung eines Nachfolgers zu rechnen. Der Kirchenskandal in Österreich soll damit nach dem Willen der Amtskirche nach knapp drei Monaten endlich ausgestanden sein. Als Staatsanwälte in Krenns Priesterseminar 40000 pornografische Bilder, darunter Kinderpornografie, beschlagnahmte sowie Bilder, die Lehrer des Priesterseminars ihre Zöglinge küssend zeigten, provozierte der Bischof in der Öffentlichkeit mit trotzigen und verharmlosenden Äußerungen. Besorgnissen der Bischofskonferenz begegnete er mit den Worten: „Das geht die Bischofskonferenz einen Dreck an.“ Vor laufender Kamera im Fernsehen mit der Nachricht konfrontiert, dass in seinem Priesterseminar Kinderpornografie beschlagnahmt worden war, sagte er, das seien „blöde Geschichten“. Die homosexuellen Szenen zwischen Seminarleitern und Zöglingen bezeichnete er als „Bubenstreich“.

Dass der 68-jährige Krenn erst jetzt zurücktritt, vier Wochen nachdem der kirchliche Ermittler, Bischof Klaus Küng, seinen Bericht über die Vorgänge in St. Pölten an den Vatikan übermittelt hatte, ist dabei für die Verhältnisse der katholischen Kirche als durchaus rasch zu betrachten. Im Regelfall dauert es Monate, bis hohe kirchliche Würdenträger nach ähnlichen Verfehlungen aus dem Amt ausscheiden – im Fall des ehemaligen Wiener Erzbischofs, Kardinal Hans-Hermann Groer, der sich nach Aussagen mehrerer Betroffener an minderjährigen vergangen haben soll, hat es vom Beginn der Affäre bis zu seinem Rückzug sogar mehr als ein halbes Jahr gedauert.

Wie er will auch Krenn selbst seine Demission nicht im Zusammenhang mit dem Skandal verstanden wissen. Einen Bischof, sagte Krenn, könne niemand zum Rücktritt zwingen, er sei vom Papst lediglich gebeten worden, auf sein Amt zu verzichten. Und dieser Bitte des Papstes sei er gefolgt. Dass ihn der Papst gerade dieser Affäre um die Demission gebeten hat, erwähnt Krenn im „Standard“-Interview natürlich nicht. Der Großteil der österreichischen Katholiken ist über Krenns Abgang jedenfalls sehr erfreut. Denn gerade Krenn hatte sich in seinen 13 Bischofsjahren in St. Pölten zu so etwas wie einer Hassfigur vieler Katholiken gemausert. Er sperrte sich gegen jede Modernisierung, ließ bis zuletzt noch nicht einmal Ministrantinnen zu und pflegte stattdessen seine Kontakte zu besonders frömmlerischen Sektierergruppen und Marienverehrern am rechten Rand der katholischen Kirche. Dass in seinem Priesterseminar auch jene Aspiranten aufgenommen wurden, die in anderen Diözesen als „nicht geeignet für den Priesterberuf“ abgewiesen worden, passte gut ins Bild.

Doch anders als andere erzkonservative Kirchenfürsten zog sich Krenn nicht aus der Öffentlichkeit zurück, im Gegenteil: Krenn kultivierte sein Image als rückwärtsgewandter Reibebaum sogar noch, immer wieder tauchte er bei TV-Diskussionen auf, selbst wenn es nicht um kirchliche Angelegenheiten ging. Gerne gab er Printinterviews und nahm an jedem Streitgespräch teil, in dem er sein konservatives Profil schärfen konnte.

Spannend wird nun, wer vom Vatikan am heutigen Freitag als Nachfolger bestellt wird – diese Entscheidung könnte sich auf das fragile Kräfteverhältnis zwischen Traditionalisten und Modernisierern in der österreichischen Bischofskonferenz auswirken. Dem Vernehmen nach hat der Vorarlberger Bischof Klaus Küng beste Chancen auf den Karriere-Sprung ins weitaus größere St. Pölten.

Küng kennt sich in der Diözese aus, schließlich war er als Visitator verantwortlich für die Aufklärung der Affäre Krenn. Als Liberaler gilt er aber nicht, im Gegenteil: Vor seiner Ernennung in Vorarlberg war Küng Chef des Opus Dei in Österreich.

Markus Huber[Wien]

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