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Panorama: Bange Blicke zur Skyline

Zwei Stunden war Frankfurt in Angst, die City zum Teil geräumt. Experten: So eine Tat lässt sich kaum verhindern

Von Christoph Schmidt Lunau

und Rainer W. During,

Frankfurt (Main)

An diesem strahlenden ersten Wintersonntag des Neuen Jahres wurde für viele Frankfurter ein Alptraum greifbar, der die Mainmetropole seit den Terroranschlägen vom 11. September nicht loslässt: ein Flugzeug, das bedrohlich Kreise um die Hochhäuser zieht, auf deren Skyline man so stolz ist. Stadtautobahnen wurden gesperrt, U-Bahnen und Busse verkehrten nur eingeschränkt, Hochhäuser mussten evakuiert werden; mit einem Megaphon warnte der Einsatzleiter der Feuerwehr Passanten am Fuß des Towers der Europäischen Zentralbank, während er, wie es später berichtete, die „Flugkapriolen" des offenbar verwirrten Hobbypiloten über am Himmel sich verfolgte.

Feuerwehr und Polizei, wegen des Mainhochwassers ohnehin im Einsatz, waren zwei bange Stunden lang damit beschäftigt, Menschen aus den Gefahrenzonen zu drängen, anschließend mussten sie den zusammengebrochenen Verkehr regeln. Über dem Flugfeld des größten Verkehrsflughafens der Republik, auf dem sonst selbst an Sonn- und Feiertagen reger Verkehr herrscht, lag eine gespenstige Stille. Die Passagierflugzeuge, die sonst im Minutentakt Rhein-Main anfliegen, sah man in großer Höhe zunächst kreisen und schließlich den Luftraum verlassen. Als dann Kampfjets der Bundeswehr in engen Schleifen über die Innenstadt donnerten, wurde auch für die Menschen am Stadtrand die Bedrohung spürbar, die die Augenzeugen in der City unmittelbar erlebten.

Eine Frage steht im Raum: Was kann man tun, wenn ein Verrückter oder ein Terrorist mit einer entführten Maschine über der Stadt kreist? Gestern in Frankfurt konnten Flugsicherung und Polizei nur den Luftraum und die gefährdeten Bereiche am Boden räumen. Stoppen lässt sich ein Amokflieger über einer Großstadt nicht. Dies wäre nur durch einen Abschuss per Flak oder Abfangjäger möglich und würde über dichtbesiedeltem Gebiet genau zu der Situation führen, die verhindert werden soll, nämlich dem Absturz der Maschine und der Tod von möglicherweise mehreren Tausend Menschen.

Knapp 10 000 Motorsegler und einmotorige Sportflugzeuge sind in Deutschland zugelassen. Im Gegensatz zu den großen Verkehrsflughäfen, deren Sperrbereiche und strenge Zugangskontrollen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 drastisch verschärft wurden, sind die kleinen Sportflugplätze – allein im Land Brandenburg gibt es davon rund zwei Dutzend – kaum gesichert. „Für einen Vereinsflugplatz reichen Hinweisschilder“ sagt Carsten Lindemann, Vorsitzender des Flugsportclubs Charlottenburg, der in Lüsse bei Belzig einen eigenen Startplatz betreibt. Motorflugzeuge werden aber abgeschlossen und in der Regel zusätzlich in verschlossenen Hallen abgestellt.

Anders sieht es aus, wenn Flugbetrieb herrscht. Dass hier – wie jetzt in Hessen – ein bewaffneter Täter einen Piloten zum Verlassen seiner Maschine zwingt und das Flugzeug kapert, ist kaum zu verhindern. Auf einem Vereinsplatz, wo jeder jeden kennt, fällt ein Fremder eher auf als auf einem Verkehrslandeplatz mit vielen Gästen, sagt Lindemann. Da der durch den Absturz eines Kleinflugzeugs mögliche Schaden begrenzt ist, gilt das Risikopotential in Luftfahrtkreisen allerdings als eher gering. Als genau vor einem Jahr ein 15jähriger Pilotenschüler eine gestohlene Cessna ins Bank of America-Hochhaus in Tampa (Florida) steuerte, wurden nur die direkt getroffenen Büros in Mitleidenschaft gezogen. Weil auch die Tanks hielten, kam es zu keiner Explosion. Da bereits Feierabend war, wurden außer dem Täter niemand getötet.

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