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Berlusconi und der Bunga-Bunga-Prozess: „Richter sind wie Terroristen“

Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat sich beim Auftakt seines Sex-Prozesses in Mailand nicht blicken lassen. Und auch Ruby fehlte.

Nach knapp zehn Minuten war alles schon wieder vorbei – und die mehr als hundert Fernsehteams aus aller Welt zogen ohne die begehrten Bilder wieder ab. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat sich am Mittwochvormittag beim Auftakt seines Sex-Prozesses in Mailand nicht blicken lassen; seine üppige Anwaltsriege schickte nur einen einzigen Vertreter aus der B-Mannschaft vorbei.

Und vor allem: Ruby fehlte. Die im Zentrum der Affäre stehende Marokkanerin entschied sich, nicht als Nebenklägerin aufzutreten. Wegen der attraktiven, selbstbewussten und bisher gar nicht öffentlichkeitsscheuen Karima al Mahroug alias Ruby Rubacuori müsste sich Berlusconi nun eigentlich vor Gericht verantworten; die Anklage wirft ihm vor, bezahlten Sex („Bunga-Bunga“) mit der zur Tatzeit minderjährigen Edelprostituierten gehabt zu haben.

Bei einer Verurteilung würde Berlusconi allein dies zwischen sechs Monaten und drei Jahren Haft kosten; dazu kommen womöglich zwischen vier und zwölf Jahren Gefängnis für jenen „erpresserischen Amtsmissbrauch“, der ihm ebenfalls vorgeworfen wird: Berlusconi soll seine junge Gespielin im vergangenen Jahr einmal aus einem Mailänder Polizeigewahrsam freigepresst haben.

Berlusconi ließ dem Mailänder Gericht am Mittwoch zwar schriftlich versichern, er wolle „alle Verhandlungstermine wahrnehmen“, sei zum Auftakt aber durch „amtliche Verpflichtungen“ daran gehindert. Er hatte spontan ein paar Minister „zur Beratung der Lage in Nordafrika“ einberufen. Jedenfalls ist der Prozess nun, nach der ersten rein formellen Sitzung, auf den 31. Mai verschoben. Berlusconis Verteidiger Giorgio Perroni schloss bereits nicht aus, dass für den Ministerpräsidenten bis dahin neue „amtliche Verpflichtungen“ dazwischenkommen könnten. Der natürlich viel beschäftigte Ministerpräsident hat den Mailänder Richtern nämlich mitgeteilt, dass er für Verhandlungen grundsätzlich nur montags Zeit habe. Der 31. Mai, der nächste Verhandlungstag, ist allerdings ein Dienstag.

Zudem hat Berlusconi erneut das Parlament gegen die Mailänder Richter und Staatsanwälte aufgeboten, die sich seiner Ansicht nach „wie Terroristen der Roten Brigaden“ benehmen. Mit Berlusconis rechtskonservativer Mehrheit beschloss das Abgeordnetenhaus am Dienstagabend, das Verfassungsgericht anzurufen, weil die Mailänder Justiz nicht dafür zuständig sei, über Berlusconi wegen des Amtsmissbrauchs zu urteilen. Bis das Verfassungsgericht über die Zuständigkeit entschieden hat, wird aller Voraussicht ein knappes Jahr vergehen.

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