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Biodiesel und Ethanol: Gift für Brasiliens Regenwald

Eine Studie zeigt: Der zunehmende Anbau von Zuckerrohr und Soja für Biokraftstoffe könnte Rinderzüchter veranlassen, noch mehr Regenwald abzuholzen. Sind Palmölplantagen eine Alternative?

Dass die Gewinnung von Kraftstoffen aus Pflanzen eine schlechtere Klimabilanz hat, als in der ersten Euphorie gedacht, ist seit Jahren bekannt. Dennoch bauen viele Staaten die Ethanol- und Biodiesel-Produktion aus, denn fest steht: Fossile Brennstoffe sind nicht unbegrenzt zu haben. Gehen die Ressourcen aus, sind Alternativen gefragt, selbst wenn die nicht zwingend umweltfreundlicher sind.

In Brasilien fahren mittlerweile mehr als 90 Prozent der verkauften Neuwagen mit einem Gemisch aus Benzin und Ethanol. Der dort vor allem aus Zuckerrohr gewonnene Treibstoff ist nach Öl inzwischen die zweitwichtigste Energiequelle in dem südamerikanischen Land.

Doch die vermeintliche Besinnung auf umweltfreundlichere Kraftstoffe könnten die Regenwälder am Amazonas existenzbedrohend schädigen. Durch eine Ausdehnung des Anbaus von Zuckerrohr (für Ethanol) und Sojabohnen (für Biodiesel) würden Rinderzüchter an den Rand des Amazonas-Regenwaldes verdrängt, wo sie bewaldete Flächen für die Viehhaltung abholzen.

Zu diesem Ergebnis kommen Autoren einer im Magazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten Studie. Danach verschlechtere die Umwidmung von Rinderweiden in Zuckerrohr- oder Soja-Felder die Klimabilanz des Biosprits erheblich. An der Simulationsstudie haben Forscher der Universität Kassel, des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig und des UN-Umweltprogramms in Nairobi mitgearbeitet.

Brasilien ist neben den USA, die hauptsächlich Mais als Rohstoff verwenden, führend bei der Produktion von Ethanol. Die brasilianischen Zuckerrohr-Plantagen liegen aber nicht im Amazonas-Gebiet, sondern vor allem im Süden und Südosten, aber auch im Nordosten des Landes. Zuckerrohr, aus dem im Übrigen auch der landestypische Cachaça (Zuckerrohrschnaps) gewonnen wird, wächst derzeit auf etwa 8000 Quadratkilometer Fläche.

Nach offiziellen Angaben könnte diese Fläche aber mehr als verachtfacht werden. Um das Ausbau-Ziel bis zum Jahr 2020 zu erreichen, prognostizieren die Forscher, dass für den Anbau von Zuckerrohr 57.200 Quadratkilometer und für Soja-Plantagen sogar 108.100 Quadratkilometer Fläche hinzukommen müssten. Das wäre zusammen rund die Hälfte der Fläche Deutschlands.

Zu 88 Prozent würde diese Zusatzfläche aus ehemaligen Viehweiden bestehen. Die so verdrängten Rinderzüchter müssten nach Ansicht der Wissenschaftler 121.970 Quadratmeter Waldfläche abholzen, um neuen Weideplatz für ihr Vieh zu kultivieren. Der Effekt: Die Biotreibstoffe tragen indirekt zur Regenwaldabholzung bei.

Die Wissenschaftler rechnen vor, dass man 250 Jahre bräuchte, bis das durch die Regenwaldabholzung verursachte Kohlendioxid von den Vorteilen der Biospritnutzung  ausgeglichen sei. Allerdings ist es erklärtes Ziel der Regierung in Brasília, die Abholzung im Amazonas bis 2020 um 80 Prozent zu reduzieren.

Als einen Lösungsvorschlag regen die Forscher an, in Brasilien die ertragsreicheren Ölpalmen anstatt Soja anzupflanzen. Damit könnte die für Biodiesel bis 2020 zusätzlich benötigte Fläche von 108.100 (Soja) auf nur 4200 Quadratkilometer (Ölpalmen) reduziert werden. Allerdings ist auch die Nutzung von Palmöl zur Energiegewinnung umstritten. In Indonesien werden jährlich riesige Torfmoorwald-Flächen abgeholzt, um Platz für Palmenplantagen zu schaffen. Durch die erhöhte Nachfrage auf dem Weltmarkt nach Palmöl als Biotreibstoff hat die Zerstörung der dortigen Wälder sich beschleunigt. Das Öl ist aber auch in vielen Kosmetikprodukten und Lebensmitteln enthalten.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

Dagny Lüdemann

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