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Bunte Gefahr: Einrichtung vieler Kitas steckt voll von giftigen Weichmachern

Deutsche Kitas sind offenbar überdurchschnittlich mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien belastet. Dies geht aus einer Studie hervor, die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Dienstag vorgestellt hat.

Berlin - 60 Kitas aus ganz Deutschland hatten freiwillig Staubproben eingesandt. Die Werte der Kitas lagen durchschnittlich um das Dreifache über denen normaler Haushalte. „Es handelt sich um Weichmacher, so genannte Phthalate, die vor allem in Einrichtungsgegenständen aus Weich-PVC vorkommen“, sagte Jurek Vengels, Chemieexperte beim BUND. Konkret seien dies Fußböden, Vinyltapeten, Matratzenschonbezüge, Turnmatten und Hüpfbälle.

Die Kinder nehmen die Chemikalien entweder über den direkten Hautkontakt mit belasteten Gegenständen oder durch das Einatmen von belastetem Staub auf. Auch über die Nahrung können Weichmacher in den Körper gelangen. Etwa dann, wenn diese in PVC-haltiger Verpackung oder in Plastikdosen aufbewahrt wird. Die Weichmacher wirken vor allem auf das Hormonsystem der Kinder. Schäden an den Fortpflanzungsorganen und eine Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit können die Folge bei den Jungen sein. Bei Mädchen könnten die Weichmacher zu einer verfrühten Pubertät führen.

Andreas Gies, Leiter der Abteilung Umwelthygiene des Umweltbundesamtes, schließt auch einen Zusammenhang mit der Entwicklung von Allergien nicht aus. In Gies Behörde ist das Problem der Phthalate in Kitas ebenfalls bekannt. Mehrere Studien haben bewiesen, dass Spuren der gefährlichen Weichmacher im Urin und im Blut fast aller deutschen Kinder vorkommen. „Die hohe Belastung der Kitas mit Weichmachern ist inakzeptabel“, sagte der Toxikologe Ibrahim Chahoud von der Berliner Charité dem BUND. „Kleinkinder befinden sich noch in der Entwicklung und reagieren deshalb besonders empfindlich auf hormonelle Schadstoffe.“ Der BUND fordert nun von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) ein Verbot der Weichmacher in der Umgebung von Kindern. Die Aktion „Kitas unter der Lupe - Zukunft ohne Gift“, vom BUND schon im Sommer 2010 begonnen, bekommt durch die politische Forderung nach Aussage Vengels einen „neuen Charakter“. Er fordert aber, dass auch in den Kitas selbst mehr getan werden müsse. Es gebe bisher kaum ein Bewusstsein für das Problem. PVC-Böden seien beliebt, weil sie billig und leicht zu reinigen seien. Dabei gebe es durchaus Alternativen: Linoleum, Teppich oder Kork.

Moses Fendel

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