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Menschen haben sich zu Trauerkundgebungen in Chapel Hill und anderen Städten in den USA zusammengefunden.

© Reuters

Update

Chapel Hill in North Carolina: Nach Mord an Muslimen: Diskussion über radikalen Atheismus

Ein Mann bringt in den USA drei muslimische Nachbarn mit Kopfschüssen um. War es eine Hassverbrechen? Die Polizei sagt bislang: Nein - doch ein Streit über atheistischen Radikalismus ist längst entbrannt. Kritik kommt auch vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Muslime versammeln sich. Sie weinen, trauern, sind fassungslos. Tausende Nicht-Muslime in den USA solidarisieren sich. In der Stadt Chapel Hill im US-Bundesstaat North Carolina hat am Dienstagabend ein 46-jähriger Mann drei junge Muslime in den Kopf geschossen und getötet. Der mutmaßliche Schütze Craig H. stellte sich nach der Tat selbst der Polizei. Und ein ganzes Land streitet über Hass gegen Minderheiten und Islamfeindlichkeit – vor allem in den Medien. Nachbarn beschreiben Craig H. als wütend und manisch, er habe immer Ärger wegen belegten Parkplätzen vor seiner Haustür gemacht.

Der demonstrativ bekennende atheistische Philosoph Richard Dawkins startete eine Diskussion über Antitheismus, also einer Ablehnung von Religion, die in verbaler oder physischer Gewalt endet, so wie in Chapel Hill anscheinend geschehen. Dawkin ist selbst als islamkritischer Autor bekannt. Im Internet äußern sich viele Antitheisten zur Tat. Dort fragen aber auch Muslime, ob sich alle Atheisten nun von der Gewalt distanzieren sollten.

In Sozialen Netzwerken wird also heftig über ein so genanntes „Hate-Crime“ diskutiert, also ein Verbrechen aufgrund der Religionszugehörigkeit der Opfer. Auf Twitter kritisieren Nutzer aus der ganzen Welt, dass die US-Medien von dem Verbrechen erst Notiz nahmen, nachdem sich das Ereignis über den Kurznachrichtendienst verbreitet hatte. Die Polizei im Bundesstaat North Carolina informierte am Mittwochmorgen (Ortszeit), dass es sich um einen Streit zwischen Nachbarn gehandelt haben soll: „Unsere ersten Ermittlungen zeigen, dass die Tat nach einem Streit um einen Parkplatz in der Nachbarschaft begangen wurde“, hieß es in einer Pressemitteilung.

Der rechtskonservative Nachrichtensender „Fox News“ gab sich daraufhin sicher, dass es sich bei dem Mord nicht um eine rassistisch motivierte Tat handeln kann. „Fox News“ produzierte seitdem weitere Schlagzeilen mit islamophoben und nicht-recherchierten Behauptungen über den Islam.

Engagierte und fleißige Studenten

Das Hashtag #MuslimLivesMatter (Muslimische Leben haben eine Bedeutung) ist seitdem auf Twitter ganz oben auf der Trend-Liste in den USA. Viele User kritisieren auf Twitter einen in US-Medien gegen Muslime gerichteten Diskurs. Die Rede ist von „Hate Speech“, die eine muslimfeindliche Stimmung geschafft hätte. Als Beispiel beziehen sie sich auf einen Kommentar der Richterin Jeanine Pirro. Sie hatte sich auf „Fox News“ im Januar für die „Ermordung von Islamisten“ ausgesprochen: „Wir müssen sie umbringen. Wir müssen sie umbringen“, sagte Pirro im Fernsehen. Sie hatte dabei den Gegensatz zwischen „dem Westen“ und „dem Islam“ betont.

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Zwischen New York und Los Angeles trauern die Menschen derweil um Deah, Yusor und Razan und fordern eine Bestrafung des nach ihrer Ansicht fremdenfeindlichen Täters. Bei den drei Toten handelt es sich um drei Mitglieder einer Familie: Deah Shaddy Barakat, ein 23-jähriger Medizinstudent, seine 21-jährige Frau Yusor Mohammad Abu-Salha sowie deren 19-jährige Schwester Razan Mohammad Abu-Salha. Razan wollte sich demnächst für ein Zahnmedizin-Studium an der Universität von North Carolina anmelden.

Wie auf amerikanischen Websites zu lesen ist, waren die drei Opfer beliebt und sozial aktiv. Deah Barakat, Student der Zahnmedizin, arbeitete demnach als Freiwilliger für die "Miswak Foundation", eine Stiftung, die zahnmedizinisches Material in Entwicklungsländern zur Verfügung stellt. Außerdem war Deah Barakat in Sozialen Medien aktiv. Ein Tweet vom 28. Januar wurde tausendfach geteilt.

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Die „Washington Post“ zitiert den Direktor des „Council on American Islamic Relations“ Nihad Awad mit folgender Stellungnahme: „Ausgehend von der Brutalität des Verbrechens, der anti-religiösen Stellungnahmen des mutmaßlichen Täters, der religiös geprägten Kleidung von zwei der Opfern und der ansteigenden anti-muslimischen Rhetorik in der amerikanischen Gesellschaft, fordern wir die Strafverfolgungsbehörden auf, sich rasch der Spekulationen über ein mögliches Motiv in diesem Fall anzunehmen“.

Muslime weltweit kritisieren „die Sprachlosigkeit von US-Präsidenten Obama“ in dieser Angelegenheit. In arabischen und türkischen Medien lesen sich ähnliche Kommentare. Laut einer Statistik des FBI gab es in den USA im Jahr 2013 mehr als 160 gewalttätige Attacken auf Muslime. Tendenz steigend. „Bei toten Muslimen schauen alle weg“, lautet die Kritik.

Der Generalsekretär der internationalen Union der islamischen Gelehrten in Katar, Ali al-Karadaghi, kritisierte das Schweigen der "internationalen Medien" angesichts dieses "Terrorangriffs". "Werden sich die Staatsführer der ganzen Welt im Gedenken versammeln?", schrieb er auf Twitter in Anspielung auf die riesige Trauerfeier für die Opfer der islamistischen Anschläge von Paris im Januar. Auch Ibrahim Nehm, der Assistent von Ägyptens Großmufti, sprach von einem "Terrorangriff", der "das hässliche Gesicht der Islamophobie" enthülle. Im Internet wurde kritisiert, dass die US-Medien erst spät über ein mögliches rassistisches Motiv berichtet hätten, während bei Angriffen von Muslimen schnell über islamistische Motive spekulierten werde. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte bei einem Besuch in Mexiko, dass weder US-Präsident Barack Obama noch andere Politiker sich bisher zu den Morden geäußert hätten.

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Kann der Mord an drei Muslimen als „Terror“ bezeichnet werden? Oder war es nur ein „tragischer Nachbarschaftsstreit“? Die Debatte hat in den USA Fahrt aufgenommen. Kommentatoren weisen darauf hin, dass der mutmaßliche Täter auf Facebook häufig Links geteilt habe, die sich mit Atheismus und Antitheismus auseinandersetzen, sich gar gegen Religion und religiöse Menschen – insbesondere Muslime – wenden. (mit AFP)

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Die Schwester von Deah Barakat, Suzanne Barakat sprach mit dem Fernsehsender CNN. Hier können Sie das Video sehen:

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Sehen Sie hier das Video von Jeanine Pirro bei "Fox News".

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