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Chemie: Erfinder der künstlichen Ursuppe gestorben

Wie zündete der entscheidende Funke, der das Leben auf der Erde entstehen ließ? Stanley Miller versuchte es experimentell zu ergründen. Nun ist der berühmte Chemiker im Alter von 77 Jahren gestorben.

San Diego - Stanley Miller starb bereits am Sonntag, teilte die Universität von San Diego (US-Staat Kalifornien) mit. Miller hatte als Student 1952 in einem klassischen Experiment gezeigt, dass die Grundbausteine des Lebens aus einfachen chemischen Verbindungen in einem Glaskolben zusammengekocht werden können. Damit lieferte er viel beachtete Hinweise auf den möglichen Ursprung des Lebens - und begründete einen neuen Zweig der Wissenschaft.

Die Zeitungen überschlugen sich, als das Experiment am 15. Mai 1953 durch die Veröffentlichung im Journal "Science" bekannt wurde. Miller hatte im Labor die Verhältnisse auf der unwirtlichen Urerde nachgeahmt. Der Student konstruierte mit ein paar Glasgeräten einen Kreislauf, in dem er Wasser und die Gase Methan, Ammoniak und Wasserstoff zusammenbrachte.

Darin ließ Miller Wasser kochen, dessen Dampf sich mit dem Gasgemisch vermengte. Ein elektrischer Funkenschlag bildete Blitze nach. Bereits nach einer Woche fanden sich unter anderem Glyzin und weitere Aminosäuren in dem Kolben. Der Student hatte eine Art Ursuppe aus einfachen, anorganischen Verbindungen zusammengekocht und darin einige Bausteine des Lebens erzeugt.

Bedeutendes Experiment - trotz Zweifeln

Inzwischen bezweifeln Geowissenschaftler zwar, dass die Bedingungen der Urerde jenen im Glaskolben von Stanley Miller glichen. Einige Forscher nehmen stattdessen an, dass organische Verbindungen mit Meteoriten auf die junge Erde gelangten. Dennoch behalten Millers Experimente ihre Bedeutung, zeigten sie doch, dass aus anorganischen Zutaten Grundbausteine des Lebens entstehen können. Der Forscher erhielt zahlreiche Auszeichnungen und war unter anderem Mitglied der angesehenen US-Akademie der Wissenschaften.

Die Bedeutung des "Science"-Artikels ging weit über akademische Kreise hinaus. Besonders faszinierend waren dabei die elektrischen Blitze, unter deren Einfluss die biochemischen Substanzen in der Ursuppe entstanden waren. Die Öffentlichkeit konstruierte daraus eine Verbindung zwischen Strom und Leben, ein Motiv, das es auch schon zuvor bei Mary Shelleys Frankenstein gab. Die Ursuppe fand - außer in die Lehrbücher - schnell Eingang in Comic-Strips, Filme, Geschichten und Romane.

Die Vorstellung, dass einfache organische Moleküle aus anorganischen Vorstufen entstehen können, war gut begründet. 1828 hatte der deutsche Chemiker Friedrich Wöhler die Herstellung der organischen Verbindung Harnstoff aus Ammoniumcyanat beschrieben. (tso/dpa)

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