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Der chilenische Bergbauarbeiter Samuel Avalos feiert seine Freiheit.

© AFP

Chile: Alle 33 Kumpel sind gerettet

Alle 33 Bergleute in Chile wurden aus ihrem unterirdischen Gefängnis befreit. Die Rettung der verschütteten Kumpel wurde zum Freudenfest. Nicht nur bei Angehörigen fließen Freudentränen. Die Welt feiert mit.

Mit der spektakulärsten Rettungsaktion in der Geschichte des Bergbaus sind in der Nacht zum Donnerstag die letzten der seit mehr als zwei Monaten verschütteten chilenischen Kumpel befreit worden. Kurz nach 0 Uhr in der Nacht zu Mittwoch (Ortszeit) kletterte der erste Arbeiter aus der nur schulterbreiten Rettungskapsel, mit der die 33 Männer einer nach dem anderen aus 700 Metern Tiefe an die Erdoberfläche gezogen wurden. Knapp 27 Stunden später war der letzte ohne Probleme gerettet worden. Als letzter Kumpel entstieg der Schichtführer und "Boss" genannte Bergarbeiter Luis Urzúa Iribarren der Phönix-Rettungskapsel. Er hatte in der Tiefe entscheidend zum Zusammenhalt der Gruppe beigetragen.

Millionen TV-Zuschauer in aller Welt verfolgten die Rettung live. Waren Experten zunächst davon ausgegangen, dass die Aktion zwei Tage dauern würde, vollzog sie sich dann schneller als geplant. Am 5. August war die Gold- und Kupfergrube San Jose in der nordchilenischen Atacama-Wüste eingestürzt. Nie zuvor hatten Menschen so lange unter Tage überlebt.

Die Angehörigen, die seit Wochen im Lager Esperanza bei der Mine ausgeharrt hatten, Retter und rund 1600 Journalisten aus aller Welt reagierten mit Jubelschreien, Hochrufen, Beifall und Freudenausbrüchen auf jede neue Rettung. Luftballons in den Nationalfarben Rot, Weiß und Blau stiegen in den Himmel. Als Erster war der 31-jährige zweifache Vater Florencio Avalos um 5.10 Uhr MESZ befreit worden. Seine Fahrt dauerte 16 Minuten.  „Die Erde hat einen Mann geboren“, sagte der Kommentator des chilenischen Staatsfernsehen, als Avalos aus der Rettungskapsel stieg. „Das hat den chilenischen Traum erfüllt“, sagte der sichtlich bewegte Präsident Sebastian Piñera, der die Bergung vor Ort verfolgte und alle Bergleute begrüßte. Als zweiter Kumpel kam Mario Sepulveda nach oben. Er rührte die Menge mit einem Jubelausbruch. „Ich war bei Gott, ich war beim Teufel, sie kämpften um mich, Gott hat gewonnen“, sagte er. Nach ihm entstieg der 52-jährige Juan Illanes der Rettungskapsel.

Er antwortete auf die Frage, wie die Fahrt gewesen sei: „Wie eine Vergnügungstour.“ Im Anschluss erreichte der 23-jährige Bolivianer Carlos Mamani die Erdoberfläche. Er ist der einzige Nichtchilene unter den Bergleuten. Als neunter Geretteter entstieg der Älteste, der 63-jährige Mario Gomez, der Rettungskapsel. In den Händen hielt er die blau-weiß-rote Fahne Chiles. Als 17. kehrte Omar Reygadas Rojas an die Oberfläche zurück. Der Mittfünfziger war zuvor schon dreimal verschüttet. Die Bilder von der unglaublichen Freude über die Rettung konnten auch die anderen Kumpel in der Tiefe auf einem Monitor verfolgen. Weniger als eine Stunde dauerte es im Schnitt, die Kapsel zu prüfen, hinabzulassen und einen Kumpel nach oben zu ziehen. Als letzter Kumpel entstieg der Schichtführer Luis Urzúa Iribarren der Rettungskapsel. Er hatte in der Tiefe zum Zusammenhalt der Gruppe beigetragen. Urzúa wollte erst alle Männer gerettet wissen, bevor er sich selbst auf den Weg nach oben machte. Er wurde mit frenetischem Jubel empfangen und vom sichtlich ergriffenen Präsidenten Sebastian Piñera umarmt. „Sie haben Ihre Aufgabe erfüllt“, sagte Piñera. Der Staatschef harrte die ganze Zeit am Ausgang des Rettungsschachtes aus und begrüßte die Kumpel mit den Worten: „Willkommen zurück im Leben.“

Um ihre Augen nach Wochen in der Dunkelheit zu schützen, trugen alle Bergleute extra dunkle Sonnenbrillen. Nach einem Treffen mit ihren Angehörigen und einer ersten ärztlichen Untersuchung nahe der Mine wurden sie in ein Krankenhaus gebracht. Der Gesundheitszustand der Männer sei „ziemlich gut“ und teilweise sogar besser als erwartet, sagte Gesundheitsminister Jaime Manalich auf einer Pressekonferenz.

Begleitet wurde die Rettungsaktion von Glückwünschen aus aller Welt. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bekundete seine „große Erleichterung“. „Die Kameradschaft und die Widerstandskraft der Bergleute, die Planung und Effizienz der Rettungsaktion und die Solidarität aller haben der Welt eine Botschaft der Hoffnung und Zuversicht gegeben“, schrieb Barrosos dem chilenischen Präsidenten Pinera. „Wir freuen uns mit Chile“, sagte Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) in Berlin. „Es ist ein modernes Wunder, was hier geschieht“, sagte er. Deutschland fiebere mit Chile und mit den Angehörigen, dass die angelaufene Rettungsaktion erfolgreich abgeschlossen werden könne. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr ganzes Kabinett seien sehr froh, dass die Rettung so reibungslos angelaufen sei. Sobald die Aktion abgeschlossen sei, werde die Kanzlerin Pinera anrufen und ihm gratulieren.

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