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Panorama: „Dafür braucht man mächtige Hinterleute“

Die Entführten könnten sich in der Hand von Rebellenmilizen befinden, sagt ein Terrorexperte

Eine Woche nach der Entführung von elf europäischen Touristen und acht ihrer ägyptischen Begleiter wächst die Unsicherheit über ihr Schicksal. Die Bundesregierung sei „in großer Sorge“, sagte Außenamtssprecher Andreas Peschke am Freitag in Berlin.

Der Krisenstab arbeite rund um die Uhr und mit großer Kraft daran, die Entführten frei zu bekommen. Besorgnis ausgelöst hat unter anderem eine Meldung der in London erscheinenden arabischen Zeitung „Asch Schark al Aussat“, über die dpa berichtet.

Danach äußerte sich ein ägyptischer Regierungsbeamter besorgt gegenüber dem Blatt, die Entführer könnten versuchen, den Tschad zu erreichen. Weiter schrieb die Zeitung, die Geiseln würden an ihrem neuen Standort in Libyen inzwischen nicht mehr von vier, sondern von mehr als 20 Bewaffneten in Schach gehalten.

Mohammed Darif, Politologe an der Universität von Casablanca in Marokko und einer der besten Kenner radikaler Bewegungen in Nordafrika, widerspricht der bisherigen ägyptischen Darstellung, die Kidnapper seien einfache Kriminelle, die nur auf das schnelle Geld aus seien. „Kriminelle haben nicht die logistischen Mittel, die man braucht, um eine solche Aktion durchzuziehen. Sie haben auch nicht die Möglichkeit, sich so frei in diesem abgelegenen Gebiet zu bewegen“, sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Dazu brauche man mächtige Hinterleute, sagte er.

Darif vermutet die Sudan Liberation Army (SLA) sowie Rebellenmilizen aus dem Tschad hinter der Entführung. Die ganze Gegend um das Felsplateau von Gilf al Kebir sei für die Regierungen der drei angrenzenden Staaten schwer kontrollierbar – auch existiere eine Grenze zwischen dem Sudan und dem Tschad praktisch nicht mehr.

Allein die Forderung eines Lösegelds ist nach Ansicht von Darif kein Beweis dafür, dass eine Entführung rein kriminell ist.

Der Terrorexperte geht allerdings nicht davon aus, dass die Milizen aus dem Sudan und dem Tschad ihre Gefangenen an Al Qaida übergeben könnten, obwohl deren Mitglieder im Tschad frei herumliefen. Viele Angehörige der SLAOpposition im Sudan seien Christen, auch im Tschad gebe es eine ansehnliche christliche Minderheit.

Dieser religiöse Faktor spielt nach Ansicht von Darif für die Beurteilung der aktuellen Gefährdung eine wichtige Rolle: „Ich glaube nicht, dass die Entführer Verbindungen zu Al Qaida haben“, sagt er. „Sie brauchen einfach Geld, um die Operationen ihrer Milizen zu finanzieren.“

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