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EHEC-Keime sind eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli.

© dpa

Darmkeim: EHEC-Infektionen nehmen weiter zu

Eine erste Quelle für die EHEC-Infektionswelle ist ausgemacht. Doch am Verlauf des Ausbruchs ändert dies zunächst nichts. Dutzende neue schwere Fälle werden registriert. Rätselhaft ist: Wie wurden die Gurken aus Spanien überhaupt verunreinigt?

Die Gefahr durch das lebensfährliche EHEC-Bakterium ist noch längst nicht gebannt. "Der Ausbruch geht weiter. Von gestern auf heute sind etwa 60 neue HUS-Fälle, also schwere Verläufe dieser EHEC-Infektion, dazugekommen", sagte der Direktor des Robert-Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, am Freitag im ARD-"Morgenmagazin".

Binnen einer Woche wurden bereits rund 800 bestätigte und EHEC-Verdachtsfälle registriert. In Deutschland werden normalerweise im gesamten Jahr etwa 900 Infektionen mit den Bakterien gemeldet. "Wir müssen aufgrund der steigenden Zahlen immer noch von einem dynamischen Geschehen ausgehen", hieß es am Morgen aus dem niedersächsischen Gesundheitsministerium in Hannover. Auch in anderen europäischen Ländern wurden mittlerweile einige Fälle registriert, meist waren aus Deutschland kommende Reisende betroffen.

Am Donnerstag waren erstmals EHEC-Erreger an Gemüse gefunden worden - an Salatgurken aus Spanien. Die Behörden in Andalusien hätten sich mit zwei Agrarbetrieben in Verbindung gesetzt, aus denen die Gurken ersten Erkenntnissen zufolge stammen, hieß es aus dem spanischen Gesundheitsministerium in Madrid. Betont wurde dort, dass aber nicht auszuschließen sei, dass die Gurken bei Transport und Handhabe in Deutschland verunreinigt wurden. Die beiden Betriebe befinden sich in den Provinzen Málaga und Almería.

Einer der Landwirte setzte sich umgehend gegen die Vorwürfe zur Wehr. Die beanstandete Gurke gehöre zu einer Lieferung, die auf dem Hamburger Großmarkt auf den Boden gefallen sei. Sie sei vielleicht dabei verunreinigt worden, hieß es bei Frunet Bio in Algarrobo (Málaga). In einer Reaktion sagte Hans Joachim Conrad, Vorstandschef der Verwaltungsgenossenschaft des Hamburger Großmarktes, am Freitag: "Wir treiben hier keine Kuhherden durch die Hallen." Auch der Vorsitzende des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure in Köln, Martin Müller, hielt dies für unwahrscheinlich. "So was kann passieren, aber da müsste ein ganzer Lkw und noch mehr auf den Boden gefallen sein", sagte er. "Ein, zwei Fälle - ok. Aber wie viele Gurken müssen da hingefallen sein, damit dieser Fall eintreten kann?" Denkbar wäre Müller zufolge, dass die Gurken gewaschen wurden, bevor sie verpackt oder auf die Reise geschickt wurden - und dabei mit den Bakterien in Kontakt kamen.

Die spanischen Gurken waren am Donnerstag als eine Ursache für die Infektionswelle in den Fokus gerückt. An drei Salatgurken aus Spanien fand das Hamburger Hygiene-Institut den gefährlichen Durchfall-Erreger. Die Proben stammten vom Hamburger Großmarkt. Es sei aber nicht auszuschließen, dass weitere Lebensmittel eine Infektionsquelle waren, hieß es. Viele Handelskonzerne strichen zunächst nur spanische Salatgurken aus dem Angebot. Nach Angaben der EU-Kommission wird eine weitere mögliche Quelle - Gurken aus den Niederlanden - untersucht.

Bundesweit gibt es bislang sechs Todesfälle, die mit EHEC in Verbindung gebracht werden. In fünf Fällen wurde der Zusammenhang bestätigt, in einem Fall steht die Bestätigung noch aus. Die weitaus meisten Fälle gibt es in Hamburg. Das RKI hatte deshalb vor dem Verzehr roher Gurken, Tomaten und Blattsalate vor allem im Norden gewarnt.

Deutschland erlebt derzeit laut RKI den stärksten je registrierten EHEC-Ausbruch, zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen. Mehrere Infizierte sind so schwer erkrankt, dass weitere Todesfälle nicht auszuschließen waren.

EHEC-Keime sind eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli. Der Erreger ist vor allem deshalb gefährlich, weil nach Expertenangaben rund 10 bis 100 der winzigen Bakterien ausreichen, um den Durchfall auszulösen. Bei anderen Infektionen sind um ein Vielfaches mehr Erreger nötig, damit es zur Erkrankung kommt.

Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) ist eine schwere EHEC- Verlaufsform, bei der giftige Stoffwechselprodukte des Bakteriums zu Nierenschäden führen können. (dpa)

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