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Panorama: Das war knapp

Das hätte schief gehen können. Die meisten Bewohner der Erde waren ahnungslos, als am Montag ein Himmelskörper - ein so genannter Asteroid - mit einem Durchmesser von 300 Metern an diesem Planeten knapp vorbeisauste.

Von Andreas Oswald

Das hätte schief gehen können. Die meisten Bewohner der Erde waren ahnungslos, als am Montag ein Himmelskörper - ein so genannter Asteroid - mit einem Durchmesser von 300 Metern an diesem Planeten knapp vorbeisauste.

Nur 833 000 Kilometer trennten uns von dem gewaltigen Geschoss, das eine Geschwindigkeit von mehr als 100 000 Kilometer in der Stunde hat. Die Entfernung zwischen der Erde und dem Asteroiden war gemessen an kosmischen Relationen denkbar gering. Nur eine winzig veränderte Umlaufbahn hätte ihn auf die Erde lenken können. Das ist vergleichbar mit einem Porsche, der mit 200 km/h bei Rot über die Ampel an einer Gruppe wartender Fußgänger vorbeirast. Eine kleine Abweichung, und es gibt eine Katastrophe.

Hätte der Asteroid mit dem Namen "2001 YB5" die Erde getroffen, er hätte unermessliche Schäden verursacht. Ein Stadt wie Berlin wäre im Falle eines Treffers vollständig zerstört worden, auch das Umland wäre großflächig verwüstet. Eine dicke Staubschicht würde in die Atmosphäre geschleudert, der Himmel würde sich verdunkeln, das Wetter würde sich verändern mit großen Konsequenzen für ein großes Terrain. Die Sonne käme nicht mehr durch, es würde eiskalt werden.

Ein langer einschlagsbedingter Winter, wie er einst zum Aussterben der Dinosaurier geführt haben soll, wäre aber nicht zu befürchten gewesen. "Dazu war er nicht groß genug", sagt Gerhard Hahn, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Weltraumsensorik und Planetenerkundung in Berlin-Adlershof. Dieses Institut ist das einzige, das in Deutschland die Gefahr durch Himmelskörper beobachtet und untersucht. In den USA gibt es mehrere Institutionen und auch das dortige Militär hat erkannt, dass sich mit dieser Gefahr neue Projekte finanziell legitimieren lassen.

100 Meter große Riesenwellen

"Am größten ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Asteroid ins Meer fällt. Dann drohen Riesenwellen, die auf die Küsten zurasen würden", sagt Hahn. Sie könnten sich je nach Küstenbeschaffenheit bis zu 100 Meter auftürmen und große Verwüstungen verursachen. Bilder wie in dem Katastrophenstreifen "Deep Impact" könnten durchaus der Realität entsprechen.

Da wird es langsam Zeit, dass sich Internationale Organisationen Gedanken über eine Abwehr machen. Die Nasa ist elektrisiert und hat umgehend Informationen über den jüngsten Asteroiden ins Internet gestellt. Ein Himmelskörper dieser Größe nähert sich nur sehr selten der Erde, beruhigt Donald Yeomans vom Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena. Aber niemand weiß, ob der Einschlag in 5000 Jahren stattfindet, oder schon übermorgen.

Beunruhigend in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass der Asteroid vom Montag erst im Dezember entdeckt worden war. Das heißt, dass es nicht genügend Zeit gegeben hätte, gefährdete Gebiete zu warnen. "Es dauert Tage und Wochen, nach der Entdeckung die Bahn präzise vorherzuberechnen", sagt Hahn.

Von manchen Himmelskörpern weiß man schon heute, dass sie sich in zehn oder 20 Jahren der Erde nähern werden. Und man weiß, ob eine Gefahr von ihnen ausgeht, weil ihre Bahn längst genau berechnet ist. Derzeit gibt es keinen einzigen bekannten Himmelskörper, der gefährlich werden kann.

Aber das muss nichts heißen. Das Universum ist groß, jeden Tag kann ein neuer entdeckt werden, der wenige Tage darauf mit Riesengeschwindigkeit die Erdumlaufbahn passiert. Die wenigen Institutionen, die sich bislang mit der Beobachtung von Himmelskörpern beschäftigen, reichen bei weitem nicht aus, alle potentiell gefährlichen Himmelskörper zu beobachten.

Da ist es ein Glück, dass es überall auf der Welt Leute gibt, die aus privatem Interesse Sterne gucken. Solche Privatastronomen sind es häufig, die einen Himmelskörper als erste entdecken und ihn sogar fotografieren. Das Internet ist voll von Websites und Foren, in denen sich diese Freaks untereinander verständigen.

Mit Atomraketen abschießen

Der jetzige Asteroid "2001 YB5" war unter anderem von den tschechischen Sternforschern Jana Ticha und Milos Tichy beobachtet worden. "Der Asteroid war sehr sehr nahe", sagte Ticha. Lenka Sroubkova vom Planetarium in Oldrichov (Mittelböhmen) sagte, "die hohe Geschwindigkeit des Asteroids löst im Observatorium eine automatische Kamera aus - das ist das gleiche Prinzip, das ein Polizei-Radar bei Rasern benutzt". Im Jahr 2027 werde der ein Kilometer große Asteroid "1999 AN10" sogar noch näher an der Erde vorbeirasen.

Der nächste bereits bekannte Asteroid von ähnlicher Größenordnung und Entfernung zur Erde soll laut NASA am 2. Weihnachtsfeiertag 2011 an der Erde vorbeirasen. "2000 YA" wird dann von der Erde rund drei Mal so weit entfernt sein wie der Mond. Insgesamt beobachtet die NASA derzeit 363 potenziell gefährliche Asteroiden. Als potenziell gefährlich gelten Gesteinsbrocken, die größer als etwa 150 Meter sind und der Erde näher als etwa 7,5 Millionen Kilometer (etwa 20-fache Mondentfernung) kommen.

Kann das Militär Asteroiden abwehren? Warum schicken die USA nicht schon heute ganz viele Atomraketen zu anderen Himmelskörpern, um zu testen, ob es funktioniert? Diese Idee gibt es seit längerem. Doch es ist ein schwieriges Unterfangen. Nicht nur politisch. Würde eine Atomrakete einen Asteroiden treffen und ihn zerstören, dann käme der Himmelskörper als Schrotladung auf die Erde, dazu noch in verstrahltem Zustand.

Der atomare Sprengkopf müsste in gehöriger Entfernung explodieren, um einen Druckimpuls zu erzeugen, der die Bahn des Asteroiden um einige Millimeter ändert, damit er die Erde nicht mehr treffen kann.

Doch davon sind wir weit entfernt, Es gibt bislang lediglich Projekte wie die "Eros-Mission", die eine Sonde auf Himmelskörpern landen lassen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Aber andere Pläne gehen schon weiter. Die USA planen eine Mission, bei der ein Himmelskörper beschossen werden soll. Das wird aber noch ein paar Jahre dauern, sagt Hahn. Dafür steht der Name der Misson schon fest.

Er kommt aus Hollywood: "Deep Impact".

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