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Panorama: Der große Dürre

Der Rhein erreicht Rekordtiefstände – dabei hat er die Trockenzeit erst vor sich. Durchqueren wir ihn bald zu Fuß?

Die gute Nachricht zuerst: Der Rhein ist noch nicht ausgetrocknet. Die schlechte Nachricht: Auf die Einschränkung „noch“ kann nicht verzichtet werden. Denn die Wasserstände haben an manchen Stellen ihr historisches Minimum unterschritten. Und damit bleiben zwischen Gewässerboden und Wasserspiegel zum Beispiel bei Köln, Bonn und Duisburg nur noch etwa 1,90 Meter, bei Kaub sind es gerade einmal 1,45 Meter.

Das Schlimme daran ist, dass im Oktober und November eigentlich die wasserarme Zeit beginnt. Eine erneute, größere Zufuhr gibt es für den Rhein erfahrungsgemäß erst im Dezember und Januar, wenn in den Mittelgebirgen viel Regen gefallen ist. Und das typische Hochwasser im Rhein? „Das kommt erst im Frühjahr durch die Schneeschmelze in den Alpen“, berichtet Silke Rademacher, bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde für Vorhersagen zuständig. Und die sehen für die nächsten Wochen entsprechend schlecht aus.

Das Problem: Der Rhein ist – von Iffezheim bei Baden-Baden an – ein Fließgewässer, das auf beständigen Nachschub angewiesen ist. Bis nach Iffezheim gibt es Staustufen, die für die Wasserkraftwerke eingerichtet worden sind.

Normalerweise tragen die Aare aus der Schweiz, der Bodensee, Neckar, Main und Mosel reichlich Wasser in den Rhein. Aber die Zuflüsse haben jetzt selbst nicht viel und werden – wie eben Neckar, Main und Mosel – an ihren Schleusen aufgestaut, um die Binnenschiffe noch halbwegs am Schwimmen zu halten. Und der Bodensee verlor in den vergangenen trockenen Monaten um die 600 Millionen Kubikmeter Wasser.

Für die gewerbliche Schifffahrt wird es damit auf dem Rhein sehr eng – wie sich denn am Beispiel der „MS Loreley“ gezeigt hat. Für die größeren Pötte, die mit rund 2000 Tonnen Fracht und mehr drei bis vier Meter Wassertiefe brauchen, ist nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt von Rotterdam aus rheinaufwärts zu Main und Neckar kein Vorankommen mehr.

Selbst wenn sie nur mit einem Drittel der maximalen Ladung befrachtet sind, ist spätestens bei Köln Schluss. Kleinere und mittlere Schiffe müssen nun einspringen, etwa um bis zur Schweiz durchzukommen, berichtet Verbandssprecher Erwin Spitzer. Zwar werden die Frachttarife mit sinkendem Wasserstand teurer – die Zuschläge können bis zu 100 Prozent ausmachen.

Aber dann wird es für beide Seiten zur Preisfrage: Wenn der Schiffseigner kaum etwas transportieren kann, weil die Wassertiefe fehlt, dann lohnt die Fahrt auch bei höheren Tarifen oft nicht mehr. Ist er durch Verträge gebunden, zahlt er zu. Andererseits sinken in solchen Zeiten auch die Auftragszahlen, weil manche Unternehmen lieber erst ihr aufgehäuftes Lager abbauen und auf günstigere Frachttarife warten.

Dabei geht es dem Rhein doch noch vergleichsweise gut. Die Elbe zum Beispiel kann wirklich schon mit nassen Füßen durchquert werden. Im Bereich Dömitz bis Lauenburg ist die Fahrwasserrinne ganze 64 Zentimeter tief, Andernorts wird knapp ein Meter erreicht, selten mehr. Die Binnenschifffahrt auf der Elbe ist denn auch fast vollständig zum Erliegen gekommen, sagt Spitzer. Einige Eigner kleinerer Elbschiffe könnten nun ihr Glück auf dem Rhein versuchen.

Gideon Heimann

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