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Panorama: Der Mann in Asbest

Paul „Red“ Adair ist mit 89 Jahren gestorben

Wie wird einer Spezialist für das Löschen von Großbränden? Zuerst war da das Feuer in der Schmiede seines Vaters. Später wurde Paul Adair, geboren am 18. Juni 1915, entdeckt. 1938 war das. Adair arbeitete auf einem der Ölfelder in Oklahoma. Ein Knochenjob, für den er 30 Cent pro Stunde bekam. Dann kam der Tag, als ein Ventil platzte und es eine Explosion gab. Die anderen Männer rannten, so schnell sie konnten. Doch Paul Adair blieb einfach da – und tauschte das kaputte Ventil mit ruhiger Hand gegen ein Ersatzventil aus. Ein anderes Mal wurde er bei einer Explosion 15 Meter in die Luft geschleudert. Nach dem Aufprall am Boden stand Adair auf und arbeitete weiter, als wäre nichts passiert.

So soll Myron Kinley auf den jungen Arbeiter aufmerksam geworden sein. Kinley war damals der amtierende Experte für das Löschen brennender Ölquellen. Als der Zweite Weltkrieg vorbei war, nahm Kinley den unerschrockenen Adair unter seine Fittiche. Knapp 14 Jahre danach gründete Paul Adair sein eigenes Unternehmen, die „Red Adair Company“.

Schon 1962 wurde er zum berühmtesten Fireworker der Nation, als er zusammen mit seinem Team das so genannte „Feuerzeug des Teufels“ in der algerischen Sahara löschte. Sechs Monate lang hatten vorher rabenschwarze Wolken den Wüstenhimmel verdunkelt. 135 Meter hoch hatte die Ölquelle gebrannt. Bis Adair und seine Männer mit der Technik anrückten. Auf der ganzen Welt bekannt wurde Adair, als er nach dem Golfkrieg 1991 innerhalb von sieben Monaten die brennenden Ölquellen in Kuweit unter Kontrolle brachte. Dass das so schnell möglich sein könnte, daran hatte andere Experten nicht geglaubt. Sie hatten nicht mit Adair gerechnet. Sein Motto war: „Nichts ist unmöglich“. Erst drei Jahre zuvor hatte Adair das Piper-Alpha-Unglück in der Nordsee erfolgreich bekämpft.

Für ein Trinkgeld arbeitete Adair, der zum Löschen brennender Ölfelder sogar zu Dynamit griff, da längst nicht mehr. Schon 1980 verlangte er einen Stundenlohn von 10 000 Dollar. Die insgesamt rund 2000 Öl- und Gasbrände, die der mutige Texaner unter Kontrolle brachte, machten ihn zum mehrfachen Millionär. Doch zur Ruhe gesetzt hat er sich erst Anfang des Jahres 1994 – auf seine Ärzte hat Paul Adair nie gehört.

Der berühmteste Feuerwehrmann der Welt war auch bekannt für seine cholerische Art. Doch die Wutanfälle des Hobby-Anglers taten ihm später meist Leid. So wird überliefert, dass er seinen Sekretärinnen als Entschuldigung für Beleidigungen gerne teure Uhren oder ein neues Auto schenkte. Adair spendete auch viel Geld für wohltätige Zwecke – zum Beispiel für Leukämie-Kranke und Altenheime. Von Ölscheichs und Hollywood-Schauspielern wurde er umschwärmt. Zu seinen Freunden zählte John Wayne, der Adair 1968 in dem Film „Die Unerschrockenen“ darstellte.

Verletzt wurde er nach eigenen Angaben nur einmal. Da allerdings hatte Adair das Feuer selbst entfacht: „Beim Barbecue ist mir mal der Grill explodiert – ich hab’ mir ein paar Haare versengt, und die Steaks waren ruiniert“, sagte er dem „Stern“ 1998. Gerne erhole sich der ehemals rothaarige Paul Adair, der schon in jungen Jahren mit dem Spitznamen „Red“ leben musste, von seinen Strapazen vor dem heimischen Kamin. Darin brenne aber ein künstliches Feuer. „Sieht doch ganz gut aus, und es ist einfacher zu putzen“, erklärte Adair, dessen Markenzeichen sein roter Asbestanzug war.

Paul Adair glaubte an ein Leben nach dem Tod. Einmal hat er gesagt: „Ich wünsche mir einen Platz mit Klimaanlage.“ Dabei hätte er es auch mit der Hölle aufnehmen können.

Esther Kogelboom

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