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Panorama: Der Schatz von Robinson Crusoe

Zehn Milliarden Dollar sollen Gold, Silber und Schmuck wert sein, die Abenteurer auf der Pazifikinsel gefunden haben wollen

Es ist ein Ort ganz nach dem Geschmack von Abenteurern: Schroffe Hügel, üppige Vegetation und eine malerische Bucht inmitten des Pazifischen Ozeans. Die chilenische Küste ist fast 700 Kilometer entfernt. Seit Jahrhunderten bot die nicht einmal 100 Quadratkilometer große Juan- Fernandez-Inselkette Piraten, Handelskorvetten und Kriegsschiffen Schutz und Proviant. Auf ihr ließ sich der schottische Matrose Alexander Selkirk im Jahr 1704 aussetzen, der die Romanvorlage für den Bestseller „Robinson Crusoe“ lieferte. Viele Legenden ranken sich um Schätze, die auf der Insel vergraben sein sollen. Nun will eine chilenische Firma tatsächlich einen gefunden haben – und prompt ist ein Streit darum entbrannt, wem die mutmaßlichen Goldbarren, die Silbermünzen, die Papstringe und ein legendäres Schmuckstück aus Gold und Smaragden namens Windrose gehören.

Mit Hilfe eines Roboters seien im Bereich des Hügels Tres Puntas drei Sektoren eingegrenzt worden, an denen mit großer Wahrscheinlichkeit Gold, Silber und Edelsteine ruhten, erklärte ein Sprecher der Firma Wagner Tecnologias. Insgesamt soll es sich um 800 Tonnen handeln. Der von der chilenischen Firma entworfene, computergesteuerte Roboter funktioniert wie ein verbesserter, biochemischer Metalldetektor und hat unter anderem der Polizei vor einigen Monaten dabei geholfen, in der Deutschensiedlung Colonia Dignidad im Süden Chiles ein unterirdisches Waffenlager zu entdecken. Damals kam dem Firmeninhaber die Idee, den Roboter auch für andere Zwecke einzusetzen.

Woher der Schatz genau stammt, ist unklar. Es gibt die Hypothese, dass das Gold den Inkas in Peru gehörte und von spanischen Eroberern geraubt wurde. Deren Flotte sei unterwegs von englischen Korsaren überfallen worden, die den Schatz auf die Insel brachten und dort versteckten. Andere Historiker wie der US-Amerikaner Bernard Keiser glauben, dass der Schatz aus Mexiko stammt und 1714 vom spanischen Flottengeneral Juan Esteban Ubilla y Echeverria im Rahmen einer Intrige am spanischen Hof gegen die Bourbonen auf der Insel versteckt wurde. Keiser betreibt seit fünf Jahren Ausgrabungen vor Ort. Bisher fanden die von ihm angeheuerten einheimischen Buddler aber nur antikes, chinesisches Porzellan. Der Wert des Schatzes wird auf bis zu zehn Milliarden Dollar geschätzt. Bisher sind die drei Orte strikt geheim. Erst wenn die Frage des Eigentums genau geklärt sei, werde Wagner mit den Ausgrabungen beginnen, erklärte der Firmensprecher.

Einen Anspruch auf den Schatz angemeldet haben bereits die rund 800 Bewohner der Insel, die hauptsächlich vom Langustenfang und Subsistenzlandwirtschaft leben. Chilenischen Gesetzen zufolge gehört die Hälfte dem Staat und die Hälfte demjenigen, der den Schatz entdeckt. Anders verhält es sich jedoch bei archäologischen, anthropologischen oder paläontologischen Funden, die ganz dem Staat anheim fallen. Bisher gibt es von verschiedenen Behörden widersprüchliche Angaben, in welche Kategorie der Schatz fällt, und die Firma will das Versteck nur verraten, wenn sie die Hälfte behalten kann. So lange liegt die Landkarte mit den genauen Ortsangaben bei einem Notar unter Verschluss. „Wir wollen unseren Anteil dann wohltätigen Einrichtungen und den Inselbewohnern zur Verfügung stellen“, beteuerte der Firmensprecher im chilenischen Fernsehen.

Der Bürgermeister von Juan Fernandez, Leopoldo Gonzalez, verfolgt die ganze Aufregung mit gemischten Gefühlen. Er fürchtet, dass jetzt ein Schatzfieber ausbricht und seine Insel wie ein Schweizer Käse durchlöchert wird. „Hier wird das Fell des Löwen verteilt, noch bevor er erlegt ist“, beschwichtigt er daher und erinnert daran, dass schon viele Schatzsucher spektakuläre Ankündigungen gemacht hätten und mit leeren Händen von dannen gezogen seien. Aber für alle Fälle meldet er schon mal ein Anrecht auf den Schatz an: „Wir sind die Besitzer, wir haben schließlich den Schatz 300 Jahre lang gehütet“, sagte er. „Und wenn alles platzt, ist uns das auch recht. Dann bleibt er hier, und wir werden eine Attraktion für Touristen und Schatzsucher.“ Das sagt Gonzalez nicht ohne Hintergedanken. Denn auf dem Schatz ruht ein Fluch: Als Ubilla y Echeverria ihn später heben wollte, starb er unterwegs in einem Gefecht. Daraufhin baten die Spanier die Engländer um Hilfe. 1761 erhielt Kapitän Cornelius Webb den Auftrag. Er konnte den Schatz zwar heben, jedoch schlug bei der Abfahrt sein Schiff leck, er musste zurückkehren und vergrub die Reichtümer erneut. Immerhin wurde er später gerettet.

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