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Auch Gottlieben, so schön und so teuer...

© Helmut Schümann

Deutschland drum herum (24): Die Schweiz bietet unbezahlbare Erfahrungen

Unser Kolumnist Helmut Schümann ist am südlichen Rand der Republik angekommen, in der Schweiz. Ein schönes Ländchen, das aber auch teuer ist. So teuer, dass dort fast nur noch Touristen sind. Und auch Schümann will schnell weiterziehen.

Kaum ist er drin in der Schweiz, ist er auch schon wieder draußen, der Wanderer. Ich meine, zwei Nächte in der Schweiz, zwei Tage dazu, das muss ein Budget erst einmal verkraften. Bei aller Bewunderung für die Schönheit des Landes unseres nachbarlichen Bergvolkes im Herzen Europas und bei aller Liebe zu den Vorzügen des öffentlichen Nahverkehrs und den individuellen Fußmarsch, man muss auch mal etwas essen, etwas trinken, und ein Bett für die Nacht braucht man auch, wenn man kein Zelt dabeihat. Ich habe kein Zelt dabei.

Was soll ich sagen: Nach dem regnerischen Ritt über den Bodensee kam ich in Gottlieben an. Das ist wirklich wunderschön, ein Idyll am Untersee, auch wenn der nach den schweren Regenfällen überfüllt ist und überzuschwappen droht. Und der Gasthof, gleich am Hochwasser des Sees, liegt traumhaft. Er ist allerdings alternativlos in Gottlieben. Das Essen war sehr gut, es gab geschnetzelte Leber vom Kalb, ein Rösti dazu, ein wenig gedünstetes Gemüse, dazu zwei Viertel Rotwein, einen halben Liter Wasser: 62,- Euro.

Man darf in solchen Momenten im Ausland nicht ans Merkel’sche Spardiktat appellieren und auch nicht auf die anerzogene deutsche Sparsamkeit hoffen. Was kann die Kellnerin für die Preise? 62 Euro plus zehn Prozent Trinkgeld machen 68,20 Euro. Wenn ich mir 1,80 Euro wiedergeben lasse, heißt es hinterher sicher, dass der Gatte von Frau Merkel in Gottlieben zu Besuch war, das will ich nicht, „machen Sie 70!“.

Am anderen Morgen auf dem Weg von Gottlieben nach Stein am Rhein Richtung Schaffhausen die Überlegung, wie das eigentlich die Steuerhinterzieher machen. Wenn U. H. aus München sein Geld nach Zürich gebracht hat und möglicherweise unterwegs auf einen Kaffee angehalten hat, hätte er eigentlich nach Bezahlung des Kaffees nicht mehr weiterzufahren brauchen, weil er nicht mehr viel fürs illegale Anlegen gehabt hätte, und es wäre ihm viel Ungemach erspart geblieben. Wahrscheinlich hatte er keinen Kaffeedurst.

Was ich sagen will: dass die Schweiz fast nur noch Touristen hat, die sich Kaffee, Kalbsleber und Übernachtung in Basel (ab 108 Euro) leisten können, ist verständlich. Dass die anderen ausbleiben auch.

Ich laufe von Basel rüber nach Frankreich, übrigens trocken, bei Sonnenschein, dafür blank.

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