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Panorama: Die neue Angst heißt „Rita“

Wieder tobt ein Hurrikan vor der Südküste der USA – und erneut fliehen die Menschen aus New Orleans

Nach „Katrina“ versetzt ein neuer Name Amerikas Süden in Angst und Schrecken. „Rita“ hat die Evakuierung der Florida Keys erzwungen, einer Inselkette, die sich Richtung Kuba zieht. „Rita“ brachte auch den Bürgermeister von New Orleans, Ray Nagin, dazu, seine Rückkehraufforderung an Geschäftsleute und Bürger zu widerrufen. Noch bevor „Rita“ am Dienstag den Südzipfel Floridas erreichte, wurde der tropische Sturm zum Hurrikan hochgestuft. Für Unruhe sorgt, dass seine Laufbahn der von „Katrina“ ähnelt, die vor drei Wochen New Orleans überflutet und einen 100 Meilen breiten Streifen der Südküste Louisianas, Mississippis und Alabamas verwüstet hatte. Häufig laden sich Wirbelstürme, die den Weg über den Golf von Mexiko nehmen, über dessen warmen Wassern bedrohlich auf.

Unter dem Schock, den „Katrina“ hinterlassen hatte, forderte Floridas Gouverneur Jeb Bush, ein Bruder des Präsidenten, die Hurrikan-erprobten Bewohner der Florida Keys auf, nach Norden zu fliehen. Auch Krankenhauspatienten wurden verlegt; hilflose Bettlägrige waren überdurchschnittlich vertreten gewesen unter den „Katrina“-Toten, deren Zahl am Dienstag mit 973 angegeben wurde. Jeb Bush riet auch den fünf Millionen Bürgern des Großraums Miami, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.

Tausend Kilometer weiter nordwestlich bedeutet „Rita“ einen schweren Rückschlag für Bürgermeister Ray Nagin, der allmählich den Alltag in sein New Orleans zurückbringen wollte und Bar-, Restaurant- und Geschäftsinhaber der trockengelegten Viertel gebeten hatte, zurückzukehren. Das Ingenieur-Corps des Heeres hatte am Montag gemeldet, es könne die letzten Wassermassen bis zum 30. September aus allen Stadtteilen pumpen – Wochen früher als anfangs angekündigt. Nagins Optimismus war freilich auf die Kritik der Katastrophenhelfer gestoßen, die zunächst verhallte, dann aber immer lauter bis hinauf zum Präsidenten geäußert wurde. Eine massenhafte Rückkehr sei hoch riskant, solange es kein sauberes Trinkwasser, kein Notrufsystem und keine praktikablen Evakuierungspläne für den Fall eines neuen Hurrikans gebe, hatte Thad Allen seit Tagen gewarnt. Den Vizeadmiral der Küstenwache hatte George W. Bush zum regionalen Einsatzleiter ernannt, nachdem Michael Brown, Chef der Katastrophenschutzbehörde Fema, nach der Kritik an seinem Krisenmanagement nach „Katrina“ hatte gehen müssen.

Bush, der die Notgebiete am Dienstag zum fünften Mal besuchte, hatte die Bürger von New Orleans gebeten, mit der Rückkehr zu warten. „Wir teilen das Ziel des Bürgermeisters, die Stadt wiederzubeleben, aber wir haben Bedenken, was das Tempo anlangt.“ Nagin begründete seinen Meinungswechsel, New Orleans wegen „Rita“ wieder zu räumen, nicht mit den schlechten Lebensbedingungen in der Stadt, wie es Thad Allen getan hatte. Nagin sagte, „die Deiche sind noch schwach“ und „das Pumpensystem läuft nicht mit voller Kraft“. Am Montag hatte der Streit zwischen Nagin und der US-Regierung einen neuen Höhepunkt erreicht. „Es gibt nur einen Bürgermeister in New Orleans. Und der bin ich“, hatte sich Nagin Einmischung verbeten.

Nach den Vorhersagen könnte „Rita“ am Freitag oder Sonnabend die Golfküste der USA erreichen, wahrscheinlich in Galveston (Texas) nahe Houston, 450 Kilometer westlich von New Orleans. Bei einem Schwenk über dem Golf nach Osten würde er abermals die „Katrina“-Gebiete treffen.

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