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Vesuv_Neapel

© dpa

Drohender Ausbruch: Brodelnder Vesuv

Der Vesuv gilt als einer der bestüberwachten Vulkane der Welt. Unter den Forschern, die sich mit ihm befassen, macht sich in letzter Zeit jedoch Unruhe breit. Sie sind sich sicher: Der Vulkan über Neapel wird wieder ausbrechen – doch keiner weiß, wann und wie heftig.

Der Berg erzittert, die Aschesäule reicht vom Schlot bis weit in den Himmel – plötzlich stürzt die Wolke in sich zusammen und das mehrere hundert Grad heiße Gemisch aus Lava, Gas und Gesteinsfetzen jagt mit der Geschwindigkeit eines startenden Flugzeugs zu Tal. Es reißt alles mit, was ihm im Wege steht: Bäume, Häuser, Menschen. Im Jahr 79 n. Chr. hat der Vesuv im heutigen Süditalien auf diesen Weise die Städte Pompeji und Herculaneum ausgelöscht.

Ob der Vulkan bei seinem nächsten Ausbruch das gut zehn Kilometer entfernte Neapel ebenso hart trifft oder ob der Berg nur etwas Lava über seinen Kraterrand schwappen lässt, die an den Flanken erstarrt bevor sie menschliche Siedlungen erreicht – darüber diskutieren Wissenschaftler seit Jahren. Eine Studie von Bruno Scaillet von der Universität im französischen Orléans und seinem Team sorgt, wie berichtet, für Aufregung. Wie die Forscher im Fachblatt „Nature“ schreiben, hat sich die Magmenkammer in den vergangenen 2000 Jahren immer weiter nach oben verlagert. In dieser Zeit waren die Ausbrüche weniger heftig als im Jahr 79, als die Lava aus etwa acht Kilometern Tiefe kam. Doch nun sammelt sich offenbar in genau diesem Stockwerk des Vulkans erneut flüssiges Gestein. Darauf deuten zumindest Daten von seismologischen Stationen hin.

„Wenn das Magma eine ähnliche Zusammensetzung hat wie bei der Pompeji-Eruption, könnte es erneut einen explosiven Ausbruch geben“, warnt Scaillet. Es sei aber genauso gut möglich, dass das flüssige Gestein ein anderes Mischungsverhältnis aufweist und vergleichsweise ruhig aus dem Berg austritt. Um diese Unsicherheit zu überwinden müsse der Vulkan dringend untersucht werden, fordern die Wissenschaftler.

Allerdings lässt sich von der Erdoberfläche aus nur schwerlich feststellen, aus welchen chemischen Bestandteilen das Magma in der Tiefe zusammengesetzt ist, gibt Thomas Walter vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) zu bedenken. „Die Größe und Heftigkeit eines Ausbruchs lässt sich deshalb kaum vorhersagen“, sagt der Vulkanologe. Der Zeitpunkt aber schon eher.

„Vor einem Ausbruch hebt sich der Vulkan, weil sich immer mehr Material in der Magmenkammer sammelt“, erklärt er. Diese Bewegung lässt sich messen – auch die GFZ-Forscher werten regelmäßig Satellitendaten aus, um verdächtige Beulen rechtzeitig zu erkennen. Bislang maßen die Bewegungen nur wenige Zentimeter und gingen überdies mal nach oben und mal nach unten. Denn wie alle Vulkane hebt und senkt sich der Vesuv auch während seiner Ruhephasen. Den „Atem des Berges“ nennen die Forscher das Auf und Ab, das einige Jahre lang dauert. „Wenn eine Eruption droht, wird er sich viel deutlicher aufwölben“, sagt Walter. „Das werden wir nicht verpassen.“

Aber noch ist der Vesuv ruhig. Und das macht den Experten Sorgen. Der letzte Ausbruch ist schon 64 Jahre her, für den Vesuv ist das ungewöhnlich lange. „Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit eines explosiven Ausbruchs umso größer ist, je länger die Ruhephase ist“, sagt der Vulkanologe Walter. Möglicherweise sei der Schlot verstopft, wie ein Ventil, das klemmt. Der Druck in der Kammer nimmt immer mehr zu, wodurch sich der Gesteinsbrei chemisch verändert; so sammelt sich beispielsweise im oberen Teil viel Gas. Gelangt das Magma schließlich nach draußen, dann umso heftiger.

Die Gefahr, die vom Vesuv ausgeht, sei dennoch überschaubar, sagt Walter. Der Berg sei einer der bestüberwachten Vulkane der Welt. Nicht nur seine Höhe wird ständig vermessen, ein Netz aus seismischen Stationen registriert jede Erschütterung und Gasdetektoren melden jeden Hauch aus seinem Inneren.

Sobald Alarm ausgelöst wird, werden die Menschen aus der Nähe des Vulkans evakuiert. Aber wann es soweit ist, weiß keiner.

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