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Panorama: Ebay-Käufer können Waren zurückgeben

Bundesgerichtshof stärkt Verbrauchern den Rücken: Wer im Internet Produkte von Händlern ersteigert, hat ein Widerrufsrecht

Berlin – Verbraucher, die bei Ebay Bücher, Spielzeug oder Computer ersteigern, können die Waren ohne Angabe von Gründen zurückgeben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in einem Grundsatzurteil entschieden. Das Widerrufsrecht gilt jedoch nur dann, wenn der Verkäufer gewerblich handelt. Geschäfte zwischen Privatleuten sind nicht betroffen. Dagegen müssen Händler damit rechnen, dass die Kunden ihre ersteigerten Produkte auch im Nachhinein noch zurückgeben können. „Alle Verträge, die nach dem 2. November 2002 geschlossen worden sind, sind betroffen“, sagte BGH-Sprecher Wolfgang Krüger dem Tagesspiegel.

Nach Meinung der Karlsruher Richter gelten für Internet-Auktionen dieselben Regeln wie für Versandkäufe, Teleshopping oder telefonische Bestellungen. Danach haben die Kunden 14 Tage lang die Möglichkeit, die Waren ohne Angabe von Gründen zurückzugeben. Hat man bereits bezahlt, muss der Verkäufer den Kaufpreis erstatten. Auf das Widerrufsrecht muss der Händler den Verbraucher ausdrücklich hinweisen. Tut er das erst nach Vertragsschluss, verlängert sich die Widerrufsfrist auf einen Monat. Unterbleibt die Widerrufsbelehrung völlig, kann man den Vertrag unbegrenzt lange widerrufen. Für vor dem 1. November 2002 geschlossene Verträge galt jedoch eine Beschränkung des Widerrufs auf maximal sechs Monate, für neuere Verträge gibt es eine solche Begrenzung nicht mehr.

Ebay-Kunden konnten ihre Verträge bislang nur bei Festpreisverkäufen widerrufen. Diese machen rund ein Drittel der gewerblichen Angebote aus. Festpreisverkäufe sind auf der Internet-Seite mit dem Vermerk „Sofort kaufen“ gekennzeichnet, der Preis steht von Anfang an fest. Bei Internet-Auktionen bietet der Verkäufer seine Ware dagegen mit einem Mindestpreis – meist ein Euro – an und verkauft an den Interessenten, der nach Ablauf der Bieterfrist das höchste Angebot abgegeben hat. Der BGH musste jetzt entscheiden, ob es sich bei solchen Internet-Auktionen um Versteigerungen im klassischen Sinne handelt. Denn: Versteigerungen sind nach dem Willen des Gesetzgebers vom Widerrufsrecht ausgeschlossen.

Mit seinem neuen Urteil hat sich der BGH jetzt auf die Seite der Verbraucher gestellt. Internet-Auktionen seien keine Versteigerungen im eigentlichen Sinne, meinten die Richter. Der Vertrag komme nicht per Zuschlag, sondern wie bei einem ganz normalen Kauf durch Angebot und Annahme zustande. Zudem sei der Kunde, der über Ebay kaufe, genauso schutzwürdig wie ein Verbraucher, der im Versandhandel bestellt. Auch bei Ebay bekomme man den Artikel erstmals nach Zusendung zu Gesicht, sagte die Vorsitzende Richterin Katharina Deppert. Der BGH wies daher die Klage eines Schmuckhändlers ab, der den Kaufpreis für ein Diamantarmband einklagen wollte. Der Käufer hatte den Vertrag jedoch widerrufen (Urteil vom 3. November 2004, Az.: VIII ZR 375/03).

Das Verbraucherschutzministerium begrüßte das BGH-Urteil. Es sei ein „wichtiger Schritt hin zu mehr Verbraucherschutz im Internet“, lobte der Parlamentarische Staatssekretär Matthias Berninger (Grüne). Ebay-Sprecher Nerses Chopurian sagte, das Urteil werde keinen nachhaltigen Einfluss auf die positive Geschäftsentwicklung des Internet-Unternehmens haben. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der bei Ebay Deutschland registrierten Nutzer von 1,1 Millionen auf 15,7 Millionen gestiegen. Das Handelsvolumen wuchs in dieser Zeit um mehr als das 27-fache. Im letzten Quartal lag der Wert aller in Deutschland gehandelten Waren und Dienstleistungen bei fast 1,4 Milliarden Euro. Chopurian betonte, das BGH-Urteil beende die bisherige Rechtsunsicherheit.

Verbraucherschützer und Internetrechtsexperten sehen das anders. Zwar begrüßte auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) die BGH-Entscheidung als Gewinn für die Verbraucher, „eine Reihe von Problemen bleiben jedoch“, warnte vzbv-Wirtschaftsexperte Patrick von Braunmühl. Es sei schwierig zu entscheiden, ob ein Anbieter Händler sei oder als Privatverkäufer auftrete, kritisierte von Braunmühl ein. Auch die Beweisfrage sei kompliziert. Allerdings gebe es Indizien: Wer nur Neuwaren anbietet und große Volumen ins Netz stellt, dürfte gewerblich handeln. Das gelte vor allem für die so genannten „Powerseller“, für die Ebay ein besonderes Programm aufgelegt hat.

„Der Graubereich bleibt“, gibt auch der Berliner Ebay-Experte Pedro Salas Gomez zu bedenken. Viele Händler würden sich jetzt als Privatleute tarnen, um das Widerrufsrecht zu unterlaufen. Und nicht nur das: Auch bei der Frage, ob man Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, wenn sich die Ware als fehlerhaft erweist, spielt die Unterscheidung zwischen gewerblich und privat eine große Rolle: „Private Verkäufer können das Gewährleistungsrecht komplett ausschließen, gewerbliche Anbieter nicht“, weiß der Berliner Anwalt.

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