zum Hauptinhalt

Panorama: Ein Glücksstern geht nie unter

Norah Jones bricht mit ihrem dritten Album „Not too late“ Rekorde

Es wird eng in ihrem Schrank. Stapeln sich dort zusätzlich zu den acht Grammys für ihr Debüt-Album „Come away with me“ aus dem Jahr 2002 mittlerweile auch zwei World Music Awards, ein Brit-Award, der niederländische Edison und der deutsche Echo. Derzeit stürmt das vor knapp zwei Wochen erschienene dritte Album von Norah Jones „Not too late“ weltweit die Charts. Doch nicht nur das: Der Internethändler Amazon feiert die Platte als das am meisten vorbestellte Album aller Zeiten. Auch in Deutschland steht „Not too late“ bei Amazon auf Platz eins. In Amerika wurden in einer Woche bereits 405 000 Exemplare verkauft.

Verkauft. CDs. Verkauft für Geld. Und das in einer Zeit, in der die meisten ihre Musik irgendwo runterladen, mehr oder weniger ohne etwas dafür zu bezahlen. Norah Jones verhilft der gebeutelten Plattenfirma EMI damit zu einer kleinen Atempause im Kampf der Giganten. Außergewöhnlich dabei ist: Die aktuelle Singleauskopplung „Thinking about you“ dient dem Musikkonzern dazu, den Online-Verkauf ohne Kopierschutz zu testen (siehe nebenstehenden Beitrag). Auch bei den Online-Verkäufen liegt Jones auf Platz eins.

Bereits mit ihren ersten beiden Alben hatte die dunkel gelockte Sängerin mit der sanft rauchigen Soul-Stimme ihrem Plattenlabel Rekordeinnahmen beschert – insgesamt wurden 30 Millionen Alben weltweit verkauft. Auf ihr bescheidenes Auftreten hatte das keinen Einfluss. „Ich bin einfach kein Glamour-Girl“, sagte die Künstlerin.

Ihr geht es nur um die Musik. Sagt sie. Und das schon seit mehr als 20 Jahren. Denn bereits mit Fünf singt die in New York geborene Geetali Norah Jones Shankar in einem texanischen Kirchenchor. Ihr Vater, der indische Sitarspieler Ravi Shankar, der einst bei dem legendären Woodstock-Festival aufgetreten ist und mit den Beatles zusammen gespielt hat, verließ sie und ihre Mutter früh. Erst mit 18 Jahren habe sie ihn überhaupt kennen- gelernt. Mit ihm zusammen Musik machen wolle sie aber nicht, sagte sie kürzlich. „Seine Musik reizt mich nicht.“

Dann doch lieber mit der Country-Legende Willie Nelson. Überhaupt scheint sich der Einfluss von Folk- und Countrymusik auf die Sängerin zu verstärken. Die 13 Songs ihres neuen Albums, die sie ausnahmslos selbst geschrieben hat, haben sich deutlich vom jazzigen Sound ihres ersten Albums entfernt.

Dabei war es der Jazz, der Norah Jones zur Musik gebracht hat. In der Plattensammlung ihrer Mutter gab es eine Anthologie von Billie Holiday, die es ihr als kleinem Mädchen besonders angetan hatte. Mit sechs Jahren beginnt Norah Jones mit dem Klavierspiel. 1997 beginnt sie ihr Jazzpiano-Studium an der University of North Texas. Als sie zwei Jahre später einen Freund in New York besucht, bleibt sie einfach dort und tingelt mit allerlei Bands durch die Clubs der Lower East Side. Bis sie 2002 mit ihrer Band die erste Platte bei EMI aufnimmt.

Jetzt also das dritte Album. Angeblich soll EMI bis zum Abschluss der Aufnahmen nichts von der neuen Arbeit ihres Glückssterns gewusst haben. Zusammen mit ihrem Produzenten und Lebensgefährten Lee Alexander, der auch Bassist in ihrer Band ist, hat Jones zwei Jahre lang an dem Album gefeilt. Diese Zeit habe sie nach dem Rummel um ihre ersten beiden Platten einfach gebraucht, sagt sie. Der „Zeit“ erklärte sie warum: „Ich möchte, dass die Musik mich spielt und nicht ich die Musik. Es tun, ohne darüber nachzudenken. Das ist der Punkt, an dem Musik zu etwas Natürlichem wird. Dann geschieht das Unerwartete, etwas, das man nicht wiederholen kann.“

Dazu braucht es eben Zeit. Zeit, die sie nun nicht mehr hat. Sie ist nicht nur auf Amerika-Tournee, sondern macht demnächst auch Werbung für ihren ersten Film. Jones spielt neben Jude Law und Natalie Portman die Hauptrolle in dem Film „My Blueberry Nights“ des chinesischen Regisseurs Wong Kar-Wei.

Norah Jones geht mit ihrem Selbstbild etwas spielerisch um: „Vielleicht bin ich nur ein Abklatsch, ein lascher Aufguss meiner Idole Billie Holiday und Nina Simone.“ Ihre stets beruhigenden Melodien verströmen durchaus die homöopathische Wirkung eines Aufgusses.

Sie können aber auch genauso gut als samtig weich gehauchte Reminiszenz verstanden werden.

Birte Hedden

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false