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Panorama: Ein Impfstoff nur für Afrika

Allein in diesem Jahr sind schon 1831 Menschen an Hirnhautentzündung gestorben. Ein Pharmakonzern will nun vorbeugen

Berlin - Einen Impfstoff nur für Afrika, zu einem Preis, der dem produzierenden Pharmakonzern nicht einmal die Entwicklungskosten wieder einbringen wird. Das hat es noch nie gegeben. Ende vergangener Woche kündigte Glaxo- Smith-Kline (GSK) genau das an. Der Konzern meldete einen Siebenfach-Impfstoff für Babys bei der Europäischen Zulassungsbehörde (Emea) an, der nur an afrikanische Länder geliefert werden soll. Genehmigt die Emea den Impfstoff, könnte er schon im kommenden Jahr in den von der Hirnhautentzündung Meningitis besonders betroffenen Ländern des so genannten Meningitisgürtels von Burkina Faso im Westen bis Äthiopien im Osten zugelassen und eingesetzt werden.

Neben den gängigen Krankheiten, gegen die auch europäische Kinder geimpft werden – Diphterie, Tetanus, Keuchhusten und Hepatitis B sowie bestimmte Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich – schützt der neue Impfstoff gegen die zwei am meisten verbreiteten Meningitis-Erreger A und C. Der große Vorteil: Es ist der erste Impfstoff, der präventiv wirkt. Die bisher in Afrika eingesetzten Impfstoffe gegen Meningitis kommen erst zum Einsatz, wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist. Dann organisieren die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit staatlichen Stellen und Nichtregierungsorganisationen wie den Ärzten ohne Grenzen Impfkampagnen, um eine Ausbreitung der Krankheit zu vermeiden. Solche Impfkampagnen finden derzeit im Süden Sudans und in Burkina Faso statt. Dort fehlen derzeit noch etwa 1,2 Millionen Dollar, um die nötigen Impfdosen für alle von der Krankheit bedrohten Menschen zu bezahlen. Nach Informationen der WHO sind beim jüngsten Ausbruch der Krankheit in Burkina Faso, der Demokratischen Republik Kongo, Sudan und Uganda bereits 1831 Menschen gestorben. Knapp 18 000 Fälle sind bisher aus den betroffenen Ländern gemeldet worden. Die Krankheit ist sehr ansteckend und wird verbreitet wie eine Grippe. Kinder können innerhalb von 48 Stunden nach Ausbruch der Krankheit sterben. Auch wenn sie behandelt wird, sterben fünf bis acht Prozent der Patienten.

Oliver Moldenhauer von der Medikamentenkampagne der Organisation Ärzte ohne Grenzen lobt den Pharmakonzern GSK. „Das ist ein großer Schritt vorwärts“, sagte er dem Tagesspiegel. Zum einen kann der Impfstoff vorbeugend eingesetzt werden. Und er freut sich auch, dass ein Medikament „explizit für einen armen Markt“ entwickelt worden ist. Die „spannende Frage ist allerdings, zu welchen Preis es verkauft werden wird“, meinte er.

Dazu macht der Konzern bisher keine Angaben. Nach Informationen des britischen Senders BBC hat die Entwicklung des Impfstoffs Globorix etwa 400 Millionen Dollar gekostet. GSK-Chef Jean- Pierre Garnier sagte lediglich: „Wir haben recht clevere Möglichkeiten gefunden, therapeutische Lösungen für die Entwicklungsländer zu finanzieren, ohne dafür die traditionelle Forschung zu opfern, die wir zu Krankheiten auf der ganzen Welt leisten.“ Der Chef der Tochterfirma GSK Biologicals, die den Impfstoff in Belgien produziert, Jean Stéphenne, wies darauf hin, dass Globorix im Rahmen der bestehenden Impfkampagnen in Afrika zum Einsatz kommen soll, „das erleichtert die Logistik und spart Kosten“.

Der Konzern will seine Initiative nicht als PR-Gag verstanden wissen. Er dürfte aber eine Reaktion auf die katastrophale Presse sein, die GSK für seinen Kampf um die Patente für Aids-Medikamente bekommen hat. Jahrelang hatte sich GSK geweigert, Pharmafirmen in Entwicklungsländern die Rezeptur seiner Aids-Medikamente zu kopieren. Daraus hat der Konzern nun offenbar gelernt.

Aber auch die Wirtschaftlichkeit habe sich verbessert, berichtet Moldenhauer. Die Gates-Stiftung und viele Regierungen stellen seit ein, zwei Jahren mehr Geld für Impfungen bereit. So ist auch ein ebenfalls von GSK entwickelter Impfstoff gegen die drei wichtigsten Meningitis-Erreger A,C und W auf den Markt gekommen. Die Dosis kostet einen Euro. Für die Gesundheitssysteme in Afrika ist aber auch das noch zu viel. Die WHO schreibt, dass der Impfstoff bisher kaum zum Einsatz kommt. Moldenhauer hofft, dass das mit dem neuen Kombi-Impfstoff nicht auch passiert.

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