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Villa

© dpa

Neureiche: Eine halbe Milliarde für eine Villa

Russen zahlen an der Cote d’Azur gerne den zehnfachen Preis - aber nicht alle Wünsche werden erfüllt.

Sie sind die Kunden, von denen die Geschäftsleute zwischen Nizza und SaintTropez angesichts der flauen Sommerkonjunktur träumen. Ob Designer-Klamotten, Kreationen der Haute-Couture, Champagnergelage in den Suiten von Hotel-Palästen, sündhaft teure Weine zum Dîner im Gourmettempel, Mietvillen mit privatem Strand für 200 000 Euro pro Woche oder Yachten zum Charterpreis von 350 000 Euro pro Woche – den neuen reichen Russen ist beim Urlaub an der Côte d’Azur nichts zu teuer. Auch beim Kauf exklusiver Residenzen geben sie das Geld mit beiden Händen aus, wie die jüngste Immobilientransaktion zeigt, bei der der russische Milliardär Michail Prochorow mit einem Kaufpreis von 496 Millionen Euro für die Villa Lepoldina bei Villefranche-sur-Mer einen neuen Weltrekord beim Erwerb privaten Wohneigentums aufstellte.

Der lag bisher nach einer Übersicht der US-Zeitschrift „Forbes“ bei 109 Millionen Euro, die vor einiger Zeit für das Manoir Beverly Hills in Hollywood bezahlt wurden. Auf diesem Niveau haben sich inzwischen aber auch an der französischen Riviera dank der Nachfrage zahlungskräftiger Russen die Preise für Immobilien in erstklassigen Lagen eingependelt. „Unter 100 Millionen Euro brauche ich denen erst gar nichts anzubieten“, sagte ein Makler der Zeitung „Le Parisien“.

Mit ihrem Drang an die Côte d’Azur folgen die „Novoritch“, wie die „nouveaux riches“, die neuen Reichen aus Moskau, genannt werden, der Tradition russischer Großfürsten, die es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die milde Wintersonne der Mittelmeerküste zog. Doch statt an den Roulette-Tischen von MonteCarlo steht der neue Geldadel bei den Makler-Büros an. „Wer in Russland reich ist und keine Residenz in Antibes oder Saint-Jean-Cap-Ferrat besitzt, gilt dort offensichtlich als Mann ohne Geschmack“, schrieb „Paris Match“. So ging kürzlich die Villa Sorrentina, ein bei Saint-JeanCap-Ferrat gelegenes Anwesen, für 100 Millionen Euro in russische Hände über. Den gleichen Preis zahlte ein russischer Käufer für die Villa Primavera, in der sich der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing früher gern erholte. Ebenso hat die Villa Serena, in der Edith Piaf weilte, heute einen russischen Eigentümer. Billiger, nämlich für „nur“ 80 Millionen Euro wurde die, nach Auskunft eines Maklers allerdings „sehr renovierungsbedürftige“, Villa Visconto von einem Russen erworben. Schon früher hatte sich der Milliardär Roman Abramowitsch, Eigentümer des Londoner Fußballclubs Chelsea und laut „Forbes“ Russlands drittreichster Mann, mit dem Kauf des Château de la Croe, einer 80 Hektar großen Domäne bei Antibes, den Traum von einer Villa an der Côte erfüllt.

„Die Preise haben sich in fünf Jahren verzehnfacht“, konstatiert René Vestri, der Bürgermeister von Saint-Jean-Cap-Ferrat. Davon profitiert nicht zuletzt die Stadtverwaltung. Denn die durch den Preisauftrieb für Erdöl und Rohstoffe zu Reichtum gekommenen Oligarchen zeigen sich oft recht großzügig. So offerierte einer der Neubürger der Stadt ein Gala-Diner, ein anderer kaufte der städtischen Polizei für 75 000 Euro ein neues Schnellboot. „Wir erhalten mehr Spenden als wir Steuern einnehmen“, sagt Bürgermeister Vestri. Auch wenn die Russen mit ihrem Geld den Kommunen Einnahmen bescheren, stört ihr Verhalten oftmals die Einheimischen. Russische Millionäre, die gerne den Sommer in St. Tropez verbringen, nutzen die Hubschrauber wie andere Leute Taxi fahren, schreibt die Wochenzeitung „Le Point“. Die zahlreichen Hubschrauber-Flüge reicher Russen stören zunehmend die Ruhe der Anwohner. Umgekehrt ist den „Novoritch“ manches an der Côte nicht gut genug. So verlangte ein Russe in Beaulieu-sur-Mer die Verlegung der Eisenbahnlinie, die hinter seiner Villa verläuft und ihn im Schlaf stört. Selbst für 100 Millionen Euro, die er freimütig anbot, waren die Behörden dafür nicht zu gewinnen. Ein anderer musste darauf verzichten, seiner Villa ein Stockwerk hinzuzufügen, da das die Sicht vom Leuchtturm von Cap-Ferrat aufs Meer versperrt hätte. Sein Vorschlag, den Leuchtturm für 15 Millionen Euro aus eigener Tasche aufstocken zu lassen, fand keine Zustimmung. An der Hartnäckigkeit der Einheimischen biss sich auch der Milliardär Abramowitsch die Zähne aus. Er wollte für eine seiner Yachten eine zweite, größere Anlegestelle bauen und hatte dafür auch eine Genehmigung erhalten. Die aber brachte Pierre Vallauri, ein Fischer, unter Berufung auf das Küstenschutzgesetz vor Gericht zu Fall: „Bloß weil einer reich ist, kann er noch lange nicht alles erreichen.“

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