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Panorama: „Einen Teil meiner Seele zeigen“

Barbara Rudnik war eine der schönsten und begabtesten Schauspielerinnen im deutschen Fernsehen

Als sie im Februar 2006 die Goldene Kamera als beste deutsche Schauspielerin für den Film „Die Leibwächterin“ bekam, freute sie sich so sehr über den Preis, dass sie in ihrer Dankesrede mehrmals neu ansetzen musste. Unter anderem dankte sie ihren Regisseuren, die oft mehr in ihr sähen als sie selber. Es sei ein „tolles Gefühl, so gestützt zu werden“, sagte die 47-Jährige. Was damals noch keiner wusste: Sie hatte gerade von ihrer Krebsdiagnose erfahren. Nicht nur die Brust war befallen, sondern auch die Leber und die Knochen. Für eine Operation war es zu spät. Der behandelnde Arzt sagte, im schlimmsten Falle habe sie nur noch drei Monate zu leben. Es wurden drei Jahre und drei Monate.

Eine Zeit, in der die zarte Schauspielerin kämpfte und auch arbeitete. Sie drehte Filme wie Til Schweigers Erfolgskomödie „Keinohrhasen“, Folgen der ARD-Krimireihe „Commissario Laurenti“ und den ZDF-Psychothriller „Der fremde Gast“, in dem sie eine Frau spielt, die den Tod ihres Mannes nicht verwinden kann und einen Selbstmord versucht. Barbara Rudnik, der stets das Etikett „Die kühle Blonde“ anhaftete, beherrschte dabei eine reduzierte, zurückgenommene Art zu spielen. Ihre Stimme, ihr Blick sagten oft mehr als der Text, den sie zu sprechen hatte. Sie war eine der schönsten und begabtesten Schauspielerinnen im deutschen Fernsehen. Mit einer ungewöhnlichen Mischung aus Distanz und zupackendem Charme betörte sie regelmäßig ihr Publikum. Wie etwa bei der ZDF-Krimi-Serie „Solo für Schwarz“, in der sie eine Polizeipsychologin spielte, eine gereifte Frau, nicht ohne Abgründe.

Ihre ersten Schritte beim Film machte die gebürtige Hessin in München, wohin sie 1976 nach der Mittleren Reife in Kassel gegangen war. Über ihre Jugend sagte die Tochter eines Drehers und einer Näherin: „Mit 13 nabelte ich mich von meiner Familie ab. Ich hatte einen guten Vater, der mich liebte und respektierte, und eine ebensolche Mutter. Dennoch ging ich sehr früh den Schritt, das Leben mit mir selbst auszumachen.“

Fast wäre sie Goldschmiedin geworden, nahm dann aber Schauspielunterricht und kellnerte in einer Eisdiele. Dort wurde sie von einem Filmhochschüler angesprochen, der noch eine Hauptrolle in seinem Abschlussfilm zu besetzen hatte. So begann es. Der „Zeit“-Kritiker und Regisseur Hans Christoph Blumenberg holte Rudnik dann 1984 für seinen Erstling „Tausend Augen“ vor die Kamera. In dem erotischen Thriller spielte sie eine Studentin, die sich als Peepshow-Attraktion das Geld für einen Flug nach Australien verdienen will. Ihre Partner in diesem Film waren Armin Mueller-Stahl und Gudrun Landgrebe. Sie wurde eine gefragte Darstellerin, die am Ende auf Hauptrollen in über 45 deutschen und internationalen Produktionen zurückblicken konnte.

Dabei hoffte sie immer mal wieder, dass auch ihr komödiantisches Talent stärker entdeckt würde. Wie etwa 1986 in der Krimi-Parodie „Müllers Büro“, einem ihrer Lieblingsfilme, in dem sie unter der Regie des österreichischen Regisseurs Niki List vor allem durch einen gesungenen Orgasmus auffiel. Danach dauerte es recht lange, bis sie im Jahr 2000 wiederum von einem Österreicher für die makabere Komödie „Komm, süßer Tod“ besetzt wurde. Mit eingegipstem Bein war sie dort die Jugendliebe eines Krankenwagenfahrers, den der Kabarettist Josef Hader spielte. Ähnlich amüsant ist sie in dem Film „Liebling, bring die Hühner ins Bett“, einem luftigen Alltagsmärchen mit Axel Milberg.

Der richtig große Erfolg ist ihr nie gelungen. Vielleicht war es auch hier eine gewisse Distanziertheit, die das verhindert hat. „Ich habe gemerkt“, erklärte sie vor einem Jahr, „dass ich beruflich nie wirklich dort angekommen bin, wo ich hinwollte. Als Schauspielerin will man den Menschen etwas von sich selbst zeigen, von seinem Innersten, von seiner Seele. Das ist mir in einigen Momenten geglückt, aber nicht im Ganzen. Ein Teil von mir macht diesen Beruf sehr gern, und ein anderer Teil gehört da gar nicht hin.“

Im wahren Leben war sie jemand, der Auto fuhr wie ein Kerl, sich über eitle Jungregisseure aufregen konnte und nie „von einer weiblichen Ängstlichkeit befallen“ war. Sie schien auf eine entspannte Art bei sich angekommen zu sein. „Der Vorteil des Älterwerdens bei einer Schauspielerin ist“, sagte die 45-Jährige im Jahr 2004, „dass es sich da langsam aussortiert. 20- oder 30-Jährige gibt es noch recht viele, ab 40 wird es dann übersichtlicher. Was ich allerdings anstrengend finde, ist der Versuch, auch mit 50 noch die Schönste und Begehrenswerteste sein zu müssen.“

Rudnik war nie verheiratet. Die langjährige Beziehung zu dem Münchner Sternekoch Karl Ederer, bei dem sie „Rückhalt und Wärme“ fand, ging 2006 zu Ende.

Im April des vergangenen Jahres sprach sie erstmals öffentlich über ihre Erkrankung: „Ich möchte anderen Menschen Mut machen und mich nicht länger verstecken“, erklärte sie der „Bunten“, die sie mit kurzen, grauen Haaren auf dem Cover zeigte. Sie sprach von neuer Lebenslust und sagte: „Ich hadere nicht mit Gott. Ich bin ihm nicht böse, und ich bin nicht beleidigt.“ Barbara Rudnik starb am Samstagmorgen in einem Krankenhaus im Beisein von Familie und Freunden. Sie wäre am 27. Juli 51 Jahre alt geworden.

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