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Panorama: Endstation Paradies

Flughafen des Midway-Atolls steht vor dem Aus

Für Passagiere, die aus Tokio, Seoul oder anderen fernöstlichen Metropolen in die USA reisen, könnten sich die Flugzeiten schon bald drastisch erhöhen. Denn dem Flughafen auf dem Midway-Atoll droht das Aus – doch die Schließung des geschichtsträchtigen Henderson Field Airport mitten im Pazifik wäre eine Katastrophe für den internationalen Luftverkehr.

Seit Mitte der 30er Jahre dient Midway als natürlicher Flugzeugträger auf halber Strecke zwischen Hawaii und Japan. Damals war das Atoll Zwischenlandeplatz für den legendären China-Clipper der Pan American auf der Route von San Francisco nach Manila. Später entstand hier eine wichtige Basis der US Navy.

Der Flugplatz nimmt einen Großteil der nur knapp fünf Quadratkilometer großen Hauptinsel Sands Island ein. Die Schlacht von Midway, bei der die Amerikaner 1942 den japanischen Angriff abwehrten, gilt als Wende des Zweiten Weltkrieges im Pazifik. 1996 zog die Navy ab.

Das Atoll – ein einmaliges Naturschutzgebiet mit rund zwei Millionen Seevögeln und mehr als 250 Fischarten – kam unter die Verwaltung des US Fish and Wildlife Service (FWS). Wo bis zu 5000 Soldaten stationiert waren, leben heute noch knapp 100 Menschen.

Der Airport, längst nur noch Notlandeplatz und Tankstation für kleinere Maschinen, wurde von einem Reiseveranstalter übernommen. Mit Charterflügen aus Hawaii und einem 100-Betten-Hotel sollte ein bescheidener Öko-Tourismus aufgebaut werden. Doch das Projekt scheiterte.

Für die internationale Zivilluftfahrt spielt die 2400 Meter lange Landebahn von Henderson Field aber auch heute noch eine wichtige Rolle. Denn zweistrahlige Langstreckenjets dürfen sich auf Transozeanflügen nur maximal drei Flugstunden vom nächsten Airport entfernen. Die Bedeutung von Midway wurde zuletzt am 6. Januar deutlich, als eine Boeing 777 der Continental Airlines mit 279 Passagiere nach Ausfall eines Triebwerkes zur Notlandung ansetzte. Doch aus Sicht des US-Innenministeriums, dem der FWS untersteht, rechnet sich der Airport nicht. Und das Verkehrsministerium, das den Betrieb seit 2002 mit Millionenbeträgen finanziert, will den teuren Unterhalt nicht mehr zahlen. Seit September 2003 werden die Gelder nur noch monatlich bewilligt, am 20. November soll endgültig Schluss sein. Dabei ähnelt der Streit der Auseinandersetzung um den Berliner Flughafen Tempelhof: Während das Ministerium von jährlich sechs Millionen Dollar spricht, hält die US-Pilotengewerkschaft ALPA ein Zehntel der Summe für ausreichend.

Ohne Midway müssten die Flugrouten erheblich verlängert werden, damit die Jets weiter nördlich oder südlich in Reichweite anderer Airports bleiben. Gene Cameron, Chef-Flugplaner bei United Airlines, geht von einer um anderthalb Stunden längeren Flugzeit zwischen Japan und den USA aus. Dazu wird mehr teurer Treibstoff benötigt. Dessen Gewicht führt dazu, dass auf manchen Verbindungen nicht mehr alle Passagierplätze besetzt werden können – und so zu zusätzlichen Einnahmeverlusten. Bei Continental Airlines überlegt man, ob sich eine geplante neue Linie zwischen Nagoya und Honolulu dann überhaupt noch rentiert.

Die Luftverkehrsgesellschaften kämpfen deshalb um den Erhalt des Airports. Schützenhilfe bekommen sie vom Flugzeughersteller Boeing, der die meisten zweistrahligen Langstreckenjets baut. „Wir unterstützen die Airlines und arbeiten daran, mit den zuständigen Behörden den langfristigen Bedarf und dessen Finanzierung zu ermitteln“, so Firmensprecher Jim Proulx zum Tagesspiegel. In den nächsten Wochen sind weitere Gespräche der Beteiligten geplant. Noch ist die Schließung nicht beschlossen.

Vielleicht besinnen sich ja auch die Militärs wieder auf die Bedeutung des natürlichen Flugzeugträgers. Hier mussten wiederholt auch Jets der US Air Force auf dem Weg nach Japan oder Südkorea notlanden.

Rainer W. During

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